Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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gebungsfactoren jedenfalls dazu berufen sind, Gesetze zu erlassen, 
welche auch theilweise eine Verfassungsänderung erheischen; 
und die kgl. Staatsregierung steht ferner auf dem Standpunkt, 
dass wenn eine zwingende Nothwendigkeit, ein 
Nothstand oder die salus publica in Frage steht, sie sich nicht 
auf den Buchstaben des Gesetzes bezw. auf den nichtvorhan- 
denen (!) Buchstaben des Gesetzes stützen wird.“ 
Sollte der bayerische Landtag je wieder einmal in die Lage 
kommen, während der gegenwärtigen Regentschaftsperiode eine 
Aenderung der Verfassung vornehmen zu müssen, so wird er sich 
kaum der Thatsache verschliessen können, dass bereits zu wieder- 
holten Malen in den Jahren 1887, 1888, 1890 und 1892 die Ver- 
fassung geändert wurde und dass, was der Gesetzgeber damals 
thun konnte, auch für die Zukunft möglich sein muss. 
3. Capitel. 
Rechtslage, wenn eine Verfassung über die Frage der Zulässig- 
keit einer Verfassungsänderung während der Dauer einer Regent- 
schaft schweigt. 
Fast alle zum deutschen Reiche gehörigen Staaten übergehen — 
von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen ®® — die Frage nach 
der Zulässigkeit von Verfassungsänderungen unter einer Regent- 
schaft mit Stillschweigen. Es fragt sich nun, was ist in einem 
solchen Falle Rechtens, wie ist dieses Schweigen des Gesetzgebers 
zu deuten? Hat er das Verfassungsänderungsverbot für selbst- 
verständlich und eine ausdrückliche Normirung desselben für über- 
flüssig gehalten oder ist dieses Stillschweigen dahin auszulegen, 
dass der Regent befugt sein soll, die Verfassung zu ändern? 
Um diese Frage beantworten zu können, dazu ist vor allem 
& Hieher gehören Württemberg, Sachsen, Oldenburg und 
Schwarzburg-Sondershausen; cf. auch unten 7. Capitel.
	        
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