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oben erwähnten Erläuterungen des ersten Entwurfes bei Aus-
legung des $ 16 ganz zu demselben Resultat kommen, wie mit
dem Zusatz. Denn wo die Grenze der nach allgemei-
nem Brauch zulässigen, weil für keinen Kundigen mit
der Gefahr der Täuschung verbundenen und anderer-
seits der unzulässigen Bezeichnungen liegt, ist ledig-
lich eine Thatfrage (E. II, 8. 18). Wo es zweifelhaft sein
kann, ob eine auf den Produktionsort deutende Bezeichnung
streng als Herkunfts- oder, nach allgemeiner Verkehrssitte,
lediglich als Qualitätsbezeichnung gilt, hat der Richter keines-
wegs einseitig vom Standpunkte des Händlers auszugehen, son-
dern von dem Standpunkte aller betheiligten Verkehrs-
kreise, also auch dem der Produzenten und Konsumenten. Was
z. B. die Bezeichnungen im Weinhandel anlangt, so dürfte es
doch wohl in erster Linie darauf ankommen, was die Mehrzahl
der Konsumenten von einem mit einer Herkunftsetiquette ver-
sehenen Weine erwartet (was die Richter meist aus eigener
Kenntniss werden entscheiden können), und auch darauf, wie die
Weinbauern der verschiedenen Gemarkungen darüber denken.
Allerdings ist regierungsseitig, wie oben schon erörtert, ın den
Motiven und in der Kommission anscheinend mehr der händ-
lerische Standpunkt eingenommen worden. Die in den Motiven
und in dem Kommissionsberichte über die Qualifikation der ein-
zelnen Bezeichnungen befindlichen Beispiele bilden nun zwar sehr
schätzbares, aber keineswegs massgebliches Material für den
Richter. Uebrigens sind ja die Verkehrssitten in fortwährendem
Flusse begriffen. Also für die Zukunft gültige Deutungen lassen
sich gar nicht geben.
Der Antrag RÖREN, einen $ 15aa einzufügen, zum Zwecke
der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes auch auf anderen
Gebieten als dem der Waarenbezeichnungen, wurde vom Reichs-
tage in zweiter Berathung angenommen, schliesslich aber ab-
gelelınt, nachdem die Reichsregierung die baldige Vorlage eines
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