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bemüht, ein englisches Domizil zu konstatiren. Diese „fiskalische“
Auffassung vom Domizil kann indessen der „gerichtlichen“ Nach-
prüfung unterworfen werden, und hat daher juristisch wenig Be-
deutung. Sie ist nur die Auffassung einer interessirten Partei.
Im vorliegenden Falle hatte der Verstorbene gemeinschaft-
lich mit seiner Ehefrau ein Testament errichtet, welchem später
mehrere Kodizille hinzugetreten waren. Es mag hier sogleich be-
merkt werden, dass in England selbst ein gemeinschaftliches
Testiren und insbesondere ein wechselseitiges Testiren so gut, wie
garnicht vorkommt. Der deutsche Mandant sandte zunächst
eine „notarielle* Ausfertigung der letztwilligen Verfügungen ein.
Das englische Nachlassgericht erachtete diese Ausfertigung für
‚unzureichend und forderte eine Bescheinigung des deutschen
Nachlassgerichts, dass die notarielle Ausfertigung eine getreue
Wiedergabe der Originale enthalte, und dass der deutsche Notar
befugt sei, die Ausfertigung zu ertheilen. Dem englischen Nach-
lassgerichte sind nämlich in der Regel entweder die Originale
selbst einzureichen, und zwar nöthigen Falls mit einem beschwo-
renen Rechtsgutachten über die Gültigkeit der letztwilligen Ver-
fügungen nach dem Rechte des letzten Domizils, oder aber es ist
eine von dem deutschen Nachlassgericht ertheilte Ausfertigung
vorzulegen. Die deutschen Notare pflegen in England ebenso
unterschätzt zu werden, wie englischen Notare in Deutschland
überschätzt werden. Als solcher bedarf der englische Notar keiner
juristischen Vorbildung; in der Provinz sind die Notare allerdings
meistens gleichzeitig Anwälte; in London selbst ist der Notar
indessen nur Notar und kein Jurist. Im Hinblick hierauf dürften
die deutschen Notare es entschuldbar finden, dass sie in England
nicht immer voll gewürdigt werden.
Der deutsche Mandant zog es vor, „statt“ der notariellen
Ausfertigung eine gerichtliche einzusenden. Letztwillige Ver-
fügungen, welche nicht in englischer Sprache abgefasst sind,
müssen dem englischen Nachlassgericht mit einer englischen Ueber-