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Literatur.
Dr. Karl von Stengel, Frhr., Wörterbuch des deutschen Verwal-
tungsrechts. Zweiter Ergänzungsband. J. ©. B. Mohr (Paul Siebeck),
Freiburg i. Br. und Leipzig 1893.
Die rasch pulsirende, schöpferische Kraft der Verwaltung hat dem
ersten Ergänzungsbande des beliebten Werkes in kurzer Frist einen zweiten
zugesellt. Ausser den nothwendig gewordenen Nachträgen und neben der
Ausfüllung von Lücken bringt derselbe in einer Reihe von Artikeln eine ein-
gehende Schilderung der Justizverwaltung.
Mag auch die Gleichstellung dieses Zweiges der Staatsverwaltung mit
den übrigen Gebieten derselben für ein Wörterbuch des „Verwaltungsrechts“
nicht absolut geboten erscheinen, so enthalten doch die einschlägigen sach-
kundigen Erörterungen, namentlich von SEUFFERT, STENGEL, von Risch,
PFAFFEROTH und FRoMmMHoLD für den Verwaltungsbeamten, welcher un-
beschadet der grundsätzlichen Trennung durch tausend Fäden mit der Justiz
verbunden ist, des Belehrenden und praktisch Verwerthbaren genug.
Freilich ist es für den Juristen keine leichte Aufgabe, in der Fülle der
organisatorischen Bestimmungen die für die Verwaltung Interesse bietenden
Gesichtspunkte festzuhalten, und so kann Referent nicht verhehlen, dass er
beispielsweise eine Kürzung der Artikel über Elbzoll- und Rheinschifffahrts-
gerichte, über Schiedsmänner und über das Hinterlegungswesen gerne gegen
eine ausführlichere Behandlung der Licht- und Schattenseiten der Schöffen-
gerichte, der Strafbefehle und des Strafvollstreckungsrechtes eingetauscht.hätte.
Die Fehde, ob Schwur- oder Schöffengerichte ist gerade jetzt
lebhafter entbrannt; möge bei der Entscheidung auch die Stimme der be-
theiligten Amtsanwälte einige Beachtung finden; Scholastik und Schablone
dürfte den Schöffengerichten schwerlich vorzuwerfen sein. Dagegen wäre
eine weitere Ausgestaltung der amtsrichterlichen Hauptverhandlung ohne
Zuziehung von Schöffen auch bei Nothwendigkeit des Zeugenverhöres und
für einzelne Vergehenssachen nicht unerwünscht.
Die Abkürzung des Verfahrens bei den Strafbefehlen wird durch
ein reich ausgebildetes System der zulässigen Rechtsmittel (Einspruch, Be-
rufung, Revision) zum Theile wieder wett gemacht, eine Erscheinung, welche