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bezirkes als beschliessendes, dagegen der Disziplinarsenat eines zweiten be-
nachbarten Oberlandesgerichtes als erkennendes Ehrengericht thätig wird,
grundsätzlich aber keine Behörde zur Aburtheilung eines ihr unterstellten
Richters zuständig ist.
Zweifellos werden die beachtenswerthen Ausführungen der Abhandlung
vielfach Anstoss, manche Entgegnung und Berichtigung hervorrufen; möge
sie Alle, die es angeht, zur vorurtheilsfreien Würdigung der bestehenden
Verhältnisse aneifern, möge der Meinungsstreit sich stets in sachlichen Bahnen
bewegen und dazu beitragen, dass neben dem Prinzipe des Wohlfahrtsstaates
im bürgerlichen, wie im öffentlichen Recht der alte Satz in vollen Ehren
bleibe: Justitia est fundamentum regnorum.
Dr. Leopold Menzinger.
Dr. Amos 8. Hershey, Die Kontrolle über die Gesetzgebung in den
Vereinigten Staaten vonNord-Amerikaundderen(liedern.
Heidelberg 1894. 718.
Nicht mit Unrecht betont HersaeyY die bisherige Ungleichmässigkeit
in der Behandlung des Staatsrechts der Vereinigten Staaten, die fast völlige
Ignorirung der Einzelstaaten gegenüber dem Bundesstaate. Freilich hat
diese Erscheinung ihren hauptsächlichsten Grund in der Schwierigkeit, mit
welcher in Europa, trotzdem unsere Zeit im Zeichen des Weltverkehrs steht,
die Benutzung der Quellen des amerikanischen Verfassungsrechts und seiner
Geschichte verbunden ist. Auch unserem Autor sind diese Schwierigkeiten
nicht erspart geblieben, so dass auch bei ihm das Recht der Gliedstaaten
bei manchen vielversprechenden Ansätzen gleichfalls etwas zu kurz gekommen
ist. Dagegen wiegt das lebendige Verständniss für das interessante Ver-
fassungsleben der transatlantischen Staaten selbst die vielerlei, ungeachtet
hilfreicher Unterstützung noch übrig gebliebenen sprachlichen Schwächen und
Unebenheiten reichlich auf.
Die Vertreter des uneingeschränkten Parlamentarismus mag es sonder-
bar berühren, dass man in dem grossen Freiheitsstaate überhaupt an eine
Kontrole oder wie Verf. nicht besonders glücklich sich ausdrückt, an „Hem-
mungsmittel“ der gesetzgebenden Körper denkt. Das legislative Vetorecht
des Präsidenten und der Gouverneure zum Schutze der Regierungsform und
zur Abwehr unzweckmässiger Bills, welches nur zeitlich beschränkt ist und
allein einer besonders starken Mehrheit der beiden Häuser weichen muss,
verleiht der Exekutive nicht nur einen unmittelbaren Einfluss auf die Gesetz-
gebung, sondern wird auch vom Volke als wirksamstes Mittel gegen über-
eilte und verderbliche Gesetzgebung begrüsst, da man von den Gouverneuren
und vom Präsidenten weit mehr ein Handeln im Interesse des ganzen Volkes
erwartet, als von den Legislaturen, in welchen sich immer selbstsüchtige
und lokale Interessen geltend machen. Das richterliche Prüfungsrecht, ent-
standen aus dem Bedürfnisse der Gerichte, Urkunden, d. h. Freiheitsbriefe