Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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Bestimmungen für den Fall überträgt, als die Mutter aus einem gesetzlich 
zulässigen Grunde ihrer Pflicht nicht nachzukommen vermag. — Dieses ganze 
System wird zum Schlusse in der Form eines Gesetzentwurfes vorgeführt. — 
Die Methode des Verf. — er beruft sich bezüglich derselben auf seinen Lehrer 
Carı MENngER als deren Schöpfer — ist gewiss sehr interessant und bietet 
viele Anregungen und neue Gesichtspunkte dar. Aber sie leidet nur an dem 
einen grossen Fehler, dass sie auf keiner festen Grundlage ruht, sondern von 
der evolutionistisch-darwinistischen Theorie ausgehend, sich auf lauter wissen- 
schaftlichen Hypothesen aufbaut, und diese willkürlich zum Range un- 
umstösslicher Wahrheiten erhebt. Man darf daher füglich dem Zweifel Aus- 
druck geben, ob das kommende Jahrhundert, wie der Verfasser voraussieht, 
ja, ob überhaupt irgend eine Zeit seine Ideen verwirklichen und die in Be- 
tracht kommenden sozialen Verhältnisse in der von ihm vorgeschlagenen 
Weise ordnen werde. 
Wien. Ö. Seefeld. 
Glässing, Die condictio indebiti des deutschen öffentlichen Rech- 
tes. Ein Beitrag zu dem Kapitel des Rechtsschutzes im öffentlichen 
Recht. Giessen, C. v. Münchow, 1894. 126 S. 
Der Verf. gibt nach einer kurzen Einleitung zunächst ein Referat über 
den neuestens Stand der privatrechtlichen Condictionslehre, ergeht sich so- 
dann in Betrachtungen über den Schutz der Individualrechte gegenüber dem 
Staate in Griechenland und Rom, im Mittelalter und in der Neuzeit bis 
herab auf die Gegenwart, um endlich im IV. Abschnitt (S. 32—67) nach 
einer in diesem Zusammenhang wohl kaum gebotenen Erörterung über die 
Natur des Staates, die Existenz von subjektiven Rechten im Gegensatz zu 
Reflexrechten u. s. w. eine Konstruktion der Cond. ind. des öffentlichen 
Rechtes zu versuchen, welche in der Eliminirung der privatrechtlichen Re- 
quisite des „Irrthums* und der „Bereicherung“ und in der Thesis gipfelt, 
dass der auf öffentlich-rechtlichem Fundamente beruhende Condictionsanspruch 
seiner ganzen Natur nach ein Öffentlich-rechtlicher sei. Die weiteren Ab- 
schnitte sind der Besprechung einzelner Condictionsfälle aus dem Gebiete 
des Armenrechtes der sozialen Gesetzgebung und des Finanzrechtes gewidmet. 
Die Arbeit leidet an dem Fehler, dass der Verf. den von ihm erörterten Be- 
griff nicht ausreichend begrenzt. Ein materiell-rechtlicher Condictionsanspruch 
liegt für ihn überall dort vor, wo Jemand eine Zahlung geleistet hat, zu der 
er ex lege nicht verpflichtet war; eine condictio im formellen Sinne (als 
Rechtsmittel gedacht) überall dort, wo die Gesetzgebung zur Durchsetzung 
eines solchen Anspruches den Weg der Beschwerde, der Reklamation, der 
Civil- oder Verwaltungsklage offen hält. Der Verf. verkennt eben, dass das 
Rechtsmittelverfahren im Finanzrechte wohl durchgängig von dem Grund- 
satze Solve et repete beherrscht ist, und dass daher der grösste Theil seiner: 
vermeintlichen Condictionen nichts anderes als Rechtsmittel ohne auf-
	        
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