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schiebende Wirkung sind. Bei dieser Auffassung erklärt sich von selbst,
was der Verf. von seinem Standpunkt erst weitläufig beweisen muss, dass
nämlich Irrthum und Bereicherung und nebenbei alle Kontroversen, welche
sich im Privatrecht hieran knüpfen, im öffentlichen Rechte keine Rolle
spielen. Wäre die Auffassung des Verf. richtig, so müsste sich auch jeder
Civilprozess in einen Öondictionsstreit verwandeln, sobald der Kläger ein
vollstreckbares Urtheil erwirkt hat, gegen welches der Geklagte ein die Exe-
kution nicht hemmendes Rechtsmittel einlegt.
Nach Ansicht des Ref. lässst sich von einer cond. ind. des öffentlichen
Rechtes eigentlich nur dort sprechen, wo die Gesetzgebung selbst eine solche
schaffen wollte, sei es dass sie — in Ermanglung einer ausgebildeten Ver-
waltungsgerichtsbarkeit — dem Steuerpflichtigen in gewissen Fällen ein
höheres Mass von Rechtsschutz in der Form einer Civilklage auf Rück-
erstattung zu Theil werden lässt, sei es, dass sie für den Rückerstattungs-
anspruch einen die gewöhnlichen Beschwerdefristen weit überschreitenden,
den civilrechtlichen Verjährungsfristen analogen Zeitraum offen hält. Ausser-
dem ist der Ausdruck allenfalls noch auf jene Rückerstattungsansprüche an-
wendbar, welche sich ergeben, wenn die Zahlung eines indebitum nicht auf
eine unbegründete, im Instanzenzuge anfechtbare Zahlungsaufforderung, son-
dern auf einen bei der Entrichtung der Abgabe selbst unterlaufenen Irrthum
zurückzuführen ist — was insbesondere für den Fall einer Zuviel-Entrichtung
an Stempelabgaben zutrifft. Hiervon abgesehen, kann jedoch die Herein-
ziehung der cond. ind. in die Systematik des Öffentlichen Rechtes nur zu
falschen Konsequenzen führen, denen der Verf. nur dadurch entgeht, dass
er wesentliche Merkmale der privatrechtlichen cond. ind., wie insbesondere
den Irrthum bei der Zahlung, schlechthin preisgibt. Dass aber dann von
dem uns geläufigen Rechtsinstitute nur sehr wenig übrig bleibt, wird vom
Verf. selbst mit der wohl etwas allzu lyrischen Redewendung anerkannt:
„es beschleiche uns das Gefühl, dass wir vor einem zum Theil entblätterten
Baume stehen“, Dr. Ernst Radnitzky.
Dahlmann-Waitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte. Quellen
und Bearbeitungen systematisch und chronologisch verzeichnet.
6. Aufl. bearbeitet von E. Steindorff. Göttingen, Dietrich’sche Ver-
lagsbuchhandlung, 1894. IX und 730 Seiten in Oktav.
Das Werk DanLmann’s in der Bearbeitung von Waıtz ist längst ein
unentbehrliches Handbuch für die Forscher auf dem Gebiete der deutschen
Geschichte, speziell auch der von Waıtz ja besonders gepflegten Geschichte
des Rechts und der Verfassung, geworden. Es hat auch im Auslande so
lebhafte Anerkennung gefunden, dass G. Moxop und H. Pirenne in ihren
Bibliographien für die französische und belgische Geschichte 1888 und 1893
sich eng an das bewährte Muster angeschlossen haben. Um so freudiger ist