Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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den Inhalt des mit sicherem praktischen Blick zusammengestellten Werkes, dass 
es über Stoffe und Gegenstände der amtsgerichtlichen Thätigkeit, die ausserhalb 
des gewöhnlichen Geleises liegen, dem damit betrauten Richter ausserordentlich 
viel Zeit und Mühe erspart, mit denen er sich sonst das hier Gegebene zu- 
sammensuchen müsste. Noch wichtiger dürfte es in vielen Fällen für den 
Rechtsanwalt sein, der hier die Pfade geebnet findet in Fällen, bei denen 
er sonst, wo ihm nicht langjährige Gewöhnung zur Seite steht, meist im 
Dunkeln tappen wird. Einen, wenn auch der Seitenzahl noch nicht so be- 
deutenden, aber in der Zahl von 27 Nummer unter den 126, unter denen 
der ganze Stoff des Buches untergebracht ist, die Zersplitterung und Mannig- 
faltigkeit dieser Art der richterlichen Thätigkeit zeigenden Theil nimmt den 
Abschnitt über Rechtshülfe und Mitwirkung der Gerichte in Verwaltungssachen 
ein. Man bekommt hier einen deutlichen Ueberblick darüber, wie sehr in 
unserem heutigen Staats- und Verwaltungsorganismus die „ordentlichen Ge- 
richte“ lediglich zur dienenden Magd allen möglichen anderen Behörden gegen- 
über gemacht sind, statt, wie dies die ideale Anschauung der organisirten 
Gesellschaft bedingen und mit sich bringen würde, als höchste Instanz, als 
Krone und Schlussstein des Ganzen den Bau abzuschliessen und zu beherrschen. 
Jedenfalls, so lange die praktische Rechtspflege sich mit dieser Rolle der 
dienenden Magd begnügen muss, wird ihr das vorliegende Buch auch in dieser 
Hinsicht einen guten und umfassenden Katechismus ihrer Pflichten gewähren. 
Thuemmel. 
A. Lenz, Die Zwangserziehung in England. Stuttgart, Enke, 1894. 
Wie in Deutschland und Oesterreich, so steht auch in England das 
Zwangserziehungsrecht am Beginne einer neuen Entwickelungsepoche: zwei 
Bills liegen dem englischen Parlamente vor, welche die Zwangserziehung auf 
Grund der Vorschläge einer im Jahre 1882 eingesetzten Kommission neu 
regeln. Während aber das deutsche und österreichische Zwangserziehungs- 
recht noch in den Kinderschuhen steckt, blickt England auf eine bereits 
mehr als vierzigjährige Entwickelung dieses Rechtszweiges zurück, und 
während in den beiden erstgenannten — wie auch in anderen — Kultur- 
ländern die Zahl der jugendlichen Verbrecher von Jahr zu Jahr stieg, ist 
dieselbe in England in den Jahren 1869 bis 1891 von 10314 auf 38855 
zurückgegangen. (Lenz, S. 36.) \enn man auch diese Erscheinung nicht 
mit Lenz (S. 37) ausschliesslich als das Resultat der Zwangserziehung 
wird ansehen können, da die verschiedensten kulturellen, socialen, politischen 
und sonstigen Einflüsse den Stand des Verbrecherthums mitbestimmen, so 
hat doch zweifellos die vortreffliche, wenngleich immer noch besserungsfähige 
Organisation der englischen Zwangserziehung wesentlich zu dem Sinken des 
jugendlichen Verbrecherthums beigetragen. Die Gesetzgeber in Deutschland 
und Oesterreich werden daher gut daran thun, die reichen Erfahrungen, die 
man in England gemacht hat, bei der Reorganisation der Zwangserziehung
	        
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