Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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pouvoirs publics allemands & r&pondre aux actes par des actes“ (S. 266), 
sondern um die weiten Lücken des Strafgesetzbuchs auszufüllen, in welchen 
sich Verrath und Spionage Jahre lang frei entfalten konnten, Wie geboten 
ein solches Gesetz war,. ergiebt schon der Umstand, dass es bereits wenige 
Wochen nach seinem Inkrafttreten, und zwar französischen Offizieren gegen- 
über, zur Anwendung kam. Die Akten über diesen Prozess sind geschlossen, 
die Verurtheilten begnadigt. Aber nicht verschweigen lässt sich, dass die 
Kritik das Urtheil des Reichsgerichts mannigfach angegriffen hat. SEUFFERT 
bespricht in seiner massvollen Weise das Gesetz und die ergangene Ent- 
scheidung (Ztschr. f. d. ges. Strafrechtswissenschaft, Bd. XIV, 8. 578—610), 
eine ebenso geistreiche Kritik giebt Trısant. Die französischen Offiziere hatten 
Pläne von deutschen Festungen, Küsten und Schiffen aufgenommen, in der 
erwiesenen Absicht, die Aufnahmen ihrer Regierung mitzutheilen. Obgleich 
der die Spionage treffende & 3 des Gesetzes „auf das Gebahren der Offiziere 
wie zugeschnitten erschien“ (SEUFFERT S. 594), wurden sie doch nicht wegen 
Spionage, sondern wegen Verrathsversuchs verurtheilt, wiewohl sich ein „An- 
fang der Ausführung“ nur schwer konstruiren liess. Die Frage hatte eine 
eminente praktische Bedeutung, da der Verrathsparagraph die Anwendung 
mildernder Umstände ermöglicht, der Spionage-$ merkwürdiger Weise nicht. 
Folgt man daher der Erklärung TrısAanT's, so hat das Reichsgericht „cherche 
dans une combinaison inattendue de textes le moyen de ne pas assimilier & de 
vulgaires malfaiteurs, en les frappant de la peine infamante de la reclusion, 
deux hommes dont la faute se confondait avec l’accomplissement d'un devoir 
etroit de patriotisme“* (S. 274). An der Hand dieses Prozesses tritt alsdann 
TRIGANT in die Erläuterung des Gesetzes ein und bietet auch dem deutschen 
Leser ein werthvulles und interessantes Kommentar. Leider hat er nicht Un- 
recht, wenn er sein Votum in die Worte ausklingen lässt: „On chercherait 
en vain dans la nouvelle loi cette sürete de redaction que revele la lecture de 
la plupart des oeuvres legislatives allemandes,* 
Breslau. E. Hancke. 
Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Grossherzogthums 
Hessen, als 3. Auflage des Handbuchs von KüchLer, bearbeitet von 
Albrecht Ernst Braun und August Karl Weber. Darmstadt, G. 
Jongbaus, 1894. 
Das Handbuch des hessischen Verfassungs- und Verwaltungsrechtes von 
Geheimerath KücHLer, vom Stande der Gesetzgebung der letzten Jahrzehnte 
völlig überholt, erfährt in der vorliegenden Bearbeitung eine höchst wün- 
schenswerthe, zeitgemässe Erneuerung. Die neue Darstellung zeichnet sich 
durch Sorgfalt in der Behandlung des sehr erweiterten Stoffes und Be- 
berrschung unserer neueren staatsrechtlichen Litteratur aus. Das hessische 
Staatsrecht bietet zum Theil sehr interessante Streitfragen. Wir erwähnen 
bier die Frage der Immunität der Mitglieder des hessischen Landtags, das
	        
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