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zeugeneidliche Vernehmung eines Redakteurs zu fordern, in dessen
Zeitung, vermuthlich unter Bruch des Dienstgeheimnisses seitens
eines noch unbekannten Eisenbahnbeamten, dienstliche Verhält-
nisse in ungehöriger, disziplinwidriger Weise besprochen waren;
und zwar zwecks Ermittlung des Beamten als Thäters, neben dem
der Redakteur bekanntlich nicht strafbar ist und deshalb auch,
wo sonst & 54 der Str.-Pr.-O. anwendbar wäre, zur Zeugniss-
weigerung nicht berechtigt erscheint. Die Gründe der Entschei-
dung stützen sich im Wesentlichen und dem Sinne nach auf den
Satz des fr. 2 de jurisdict. I, 2, mit dem auch im deutschen Ver-
waltungsrecht vielfach argumentirt wird (AnscHüTz im „Verwal-
tungsarchive“, Bd. I, S. 389, 419): „Cui jurisdictio data est, ea
quoque concessa videntur, sine quibus jurisdictio explicari non
potuit.“ Und doch ist es klar, dass mit diesem allgemeinen Aus-
spruch wenig gewonnen ist; er erspart, was nachdrücklichst be-
tont werden muss, für keinen einzelnen Fall im öffentlichen Rechte
die Untersuchung, ob einer Behörde wirklich die Befugniss zu
Zwangsmassnahmen zur Erreichung ihrer Aufgabe, — und auf
solche kommt es schliesslich an! — beigelegt ist und weiter, welche
Zwangsmassnahmen es sind, und in welcher Form sie zur An-
wendung gebracht werden dürfen.
In den Erwägungen des Kammergerichtsurtheils finden sich
folgende Sätze:
„Wenn dem Vorsteher einer Disziplinarbehörde — die Be-
fugniss beigelegt ist, die ihm unterstellten Beamten mit Warnungen,
Verweisen und Greldbussen zu bestrafen und gegen sie eventuell
die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu verfügen, so müssen
ihm auch die Mittel zustehen, diese Rechte auszuüben“ (8. 6
a. 2. O.). „Es kann hierbei auch nicht von einer ungesetzlichen
Erweiterung der Befugnisse der Verwaltungsbehörde die Rede sein,
da es eben augenscheinlich im Willen des Gesetzgebers gelegen
hat, dem Vorsteher der Verwaltungsbehörde nicht die Mittel
zu versagen, deren er bedürftig ist, um die ihm zugewiesene