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ist es übrigens sowohl im Disziplinarverfahren gegen Reichsbeamte
(R.-B.-G. & 124) als auch im ehrengerichtlichen Verfahren gegen
Rechtsanwälte (R.-A.-O. 8 94).
Was die Entschädigung eines in unserem Verfahren auf-
tretenden Rechtsanwalts betrifft, so ist zu beachten, dass es sich
zwar um keine Strafsache handelt, dass aber das Verfahren nach
den Grundsätzen des Strafprozesses verläuft, sich in dessen Formen
abspielt. Es dürfen deshalb gemäss $ 89 der Geb.-O. für Rechts-
anwälte hinsichtlich der Gebühren die 8S 63, 64, 66—72, 75!
dieses Gesetzes Mangels eines Gegengrundes für anwendbar er-
achtet werden. Das Verfahren gilt als eine Strafkammersache ”®.
in unserem Verfahren wird stets nur darüber erkannt, ob
ein bestimmtes Vorkommniss Veranlassung zu disziplinärem Ein-
schreiten giebt. Deshalb steht ein freisprechendes Urtheil, mag
es erfolgen wegen Verneinung des materiellen Vorgangs oder wegen
Nichtgebrauchs der Entsetzungsbefugniss, einem späteren ver-
urtheilenden Straf- oder Civilerkenntnisse nicht entgegen, ebenso-
wenig wie durch ein Urtheil auf Entsetzung ein dem Gewerbe-
gerichtsmitgliede günstiges Erkenntniss in einem über den gleichen
Vorgang anhängigen Oivil- oder Strafprozess beeinflusst wird.
Weiter handelt es sich bei uns nur darum, ob das Gewerbe-
gerichtsmitglied entsetzt wird. Andere Disziplinarmassregeln gegen
dasselbe in anderer Eigenschaft sind weder durch das Entsetzungs-
urtheil noch durch die Freisprechung in unserem Verfahren aus-
geschlossen.
Endlich steht nur zur Entscheidung, ob wegen dieser groben
Amtspflichtverletzung oder Amtspflichtverletzungen entsetzt werden
soll. Ist auf Freisprechung erkannt, weil die Amtspflichtverletzung
nicht erwiesen oder keine grobe sei, so kann sehr wohl auf Grund
einer anderen Pflichtwidrigkeit später entsetzt werden. Das Gleiche
gilt, wenn der Beweis als geführt erachtet, aber von der Ent-
’e Vgl. übrigens auch $ 91 Abs. 1 Nr. 3 u.4 der Gebührenordnung für
Rechtsanwälte.
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