— 561 —
lassen. Es kam nicht nur darauf an, eine an sich nutzenbringende
Einrichtung zu schaffen, sondern sie nun auch auf dem einfach-
sten Wege den Betheiligten zugänglich zu machen. Bei der ge-
schäftlichen und rechtlichen Ungewandtheit eines grossen Theils
der Versicherten lag die Besorgniss nahe, es könne durch un-
richtige, unvollständige, unzweckmässige oder verspätete Geltend-
machung von Ansprüchen ein materieller Nachtheil entstehen, der
nicht der gesetzgeberischen Absicht entspräche. Wer durch seinen
Beruf mit dem Arbeiterstande in regelmässige Berührung kommt,
weiss hinlänglich, dass für denselben die Schwierigkeiten der Rechts-
wahrnehmung an sich nicht klein sind. Bei Rentensachen treten
verschiedene Umstände hinzu und steigern die. Gefahr der Ein-
busse: die Gebrechlichen und Alten, die Verunglückten und deren
Hinterbliebene sind theils aus Mangel an Geld, theils in Rück-
sicht auf ihren körperlichen Zustand oft nicht im Stande, alle die
Wege zu machen, durch deren Beschreitung das Ziel am sicher-
sten erreicht würde. Die Zahl der Rechtsanwälte, welche sich
eingehend mit Rentenstreitigkeiten befassen, ist gering. Ob die
Gründe zutreffen, welche FuLp („Die Gebühren der Rechts-
anwälte im schiedsgerichtlichen Verfahren“ in Bd. III, S. 64 ff.
der „Invaliditäts- und Altersversicherung“; vgl. auch S. 2 daselbst
und HoNnI@GMAnN in der „Arbeiterversorgung“ 1889, S. 109) dafür
angiebt, mag dahingestellt bleiben. Gelegentlich fallen die Be-
theiligten wohl gar einem Winkelkonsulenten in die Hände, dessen
Eingreifen erst recht nicht geeignet ist, dem verworrenen Garn
eines zweifelhaften Thatbestandes zu befriedigender Lösung zu ver-
helfen.
Und daneben vergesse man nicht, dass die Versicherungs-
gesetzgebung und deren Organe häufig in Folge einer gewissen-
losen, durch Wort und Schrift betriebenen Verhetzung mit einem
Misstrauen zu rechnen haben, das die klare, erschöpfende Fest-
stellung des Sachverhalts nur zu leicht stört. Wohl wird von
Behörden und Privaten kräftig solchen Hindernissen entgegen-