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S. 71 und 438). Auch haben die Anstalten und mit ihnen das
Reichsversicherungsamt wiederholt bei Zusammenkünften betont,
dass auf dies Recht besonderes Gewicht gelegt werden müsse,
weil sonst eine grosse, dem Geiste des Gesetzes nicht ent-
sprechende Verzögerung der Entscheidung oder gar der Fall
eintreten könne, dass der Vorstand bei thatsächlicher Unklarheit
den Anspruch rundweg ablehne; erst vom Schiedsgericht, also
nach mehrmonatlichem Warten, werde dann auf Grund vervoll-
ständigter Beweise dem Bewerber seine Rente zugesprochen
(Arbeiterversorgung 1892, 8. 576; „Inv.- u. A.-V.-G.“ ILS. 13;
III S. 30). Um indess die in neuerer Zeit noch mehrfach vor-
gekommene Ablehnung solcher Ersuchen auszuschliessen, hat die
am 19./20. Nov. 1894 in Berlin gehaltene Berathung des Reichs-
versicherungsamts, der Liandesversicherungsämter und -Anstalten
zu dem Beschlusse geführt, geeignete Schritte zu thun, die auf
eine einheitliche Gerichtspraxis hinzielen. Hoffentlich gelingt es,
durch Anweisung seitens der Landesjustizbehörden an die unter-
stellten Gerichte Wandel zu schaffen, bevor die zur Aufklärung
für Jedermann immerhin wünschenswerthe Gesetzesänderung in
diesem Punkte zugleich mit anderen vollzogen wird. Manche un-
nöthige Bitterkeit in den Kreisen der Versicherten, mancher
Aufwand schiedsgerichtlicher Kosten für die Anstalten liesse sich
dadurch vermeiden.
Wenden wir uns nun zu der Beweisaufnahme in der
Berufungsinstanz. Der Gang des Prozesses ist geregelt durch
folgende Vorschriften: Verordnung über das Verfahren vor den
auf Grund des Unfallversicherungsgesetzes errichteten Schieds-
gerichten vom 2. Nov. 1885 (R.-G.-Bl. S. 279), ausgedehnt durch
Art. HI der Verord. vom 13. Nov. 1887 (R.-G.-Bl. S. 255) auf
das Gebiet des landwirthschaftlichen und des Seeunfallversiche-
rungsgesetzes, und als Vorbild in freier Weise benutzt bei der
Verord. vom 1. Dez. 1890, betr. das Verfahren vor den auf Grund
des: Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes errichteten
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