Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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schwebender Berufungen wenigstens durch Ersuchen anderer Be- 
hörden enthalten, in der Erwägung, dass sonst leicht die schieds- 
gerichtlichen Massregeln zur Aufklärung des Sachverhaltes durch- 
kreuzt werden könnten (Handbuch der U.-V., S. 732, Anm. 7; 
Amtliche Nachrichten, Inv.- u. A.-V., 1892 No. 180; Arbeiter- 
versorgung, 1893 S. 224; „Inv.- u. A.-V.“, ILS. 191). 
In der mündlichen Verhandlung ist zunächst der aus den 
Akten sich ergebende Sachverhalt vom Vorsitzenden oder einem 
aus der Zahl der Beisitzer ernannten Berichterstatter vorzutragen ; 
dann sind die erschienenen Betheiligten zu hören und die dem 
(Gerichte etwa erforderlich scheinenden Beweise zu erheben. Dabei 
herrscht der Grundsatz, dass das Gericht sich nicht „auf eine vor- 
nehme Zurückhaltung gegenüber der Stoffsammlung der Parteien 
beschränken soll“ (SCHNEIDER in der „Inv.- u. A.-V.*, IS. 153ff.). 
Was vom Vorsitzenden und seiner Beweisvorbereitung gesagt war, 
gilt in verstärktem Masse vom Gerichtshofe.. Von einer Pflicht 
der Parteien, Klag- oder Einredebehauptungen. zu beweisen, kann 
nicht die Rede sein. Zahlreich sind, zumal im Anfange, die Fälle 
gewesen, in denen das Reichsversicherungsamt Berufungsurtheile 
aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hat, weil das Gericht 
seiner Pflicht, den Thatbestand von Amtswegen klarzustellen, sich 
nicht genügend bewusst gewesen ist (Amtliche Nachrichten, Inv.- 
u. A.-V., 1892 8. 110ff. No. 9; daselbst, 1894 No. 327). 
So bestimmt dieser Grundgedanke hervortritt, so weite 
Schranken sind andererseits dem freien Ermessen bei der Beweis- 
aufnahme und -Würdigung gesteckt. Ob die Auskunftspersonen 
vor oder nach der Vernehmung, ja ob sie überhaupt beeidigt 
werden sollen, bestimmt das Gericht (Amtliche Nachrichten, U.-V., 
1893 8. 173; $ 74 Abs. 2 des Inv.- u. A.-V.-G.; Amtliche Nach- 
richten, Inv.- u. A.-V., 1893 No. 232). Das Urtheil braucht sich 
nicht lediglich auf zwingende Gründe zu stützen, es kann auch 
die grössere oder geringere Wahrscheinlichkeit berücksichtigen 
(Handbuch der U.-V., S. 736, Anm. 6; Arb.-V., 1889 S. 563ff.).
	        
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