Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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Gelangt die Rentensache vom Schiedsgerichte an die letzte 
Instanz (Reichs- oder Landesversicherungsamt), so haben die 
Grundzüge des folgenden Verfahrens in Unfall-Prozessen viel 
Aehnlichkeit mit dem vorangegangenen. Das gilt auch von der 
Beweisaufnahme, wenngleich im Gesetzes- oder Verordnungswege 
keine Vorschriften erlassen sind. Das Reichsversicherungsamt 
hält es für sein Recht und seine Pflicht, nach freier richterlicher 
Ueberzeugung Beweis zu erheben und zu entscheiden (Handbuch 
der U.-V. S. 754 Anm. 5). Es geht dabei indessen von der 
schon aus Kostenrücksichten zu theilenden Ansicht aus, dass 
grundsätzlich die Feststellung zweifelhafter, nicht erst in der Re- 
kursinstanz bestrittener Punkte in das genossenschaftliche oder 
schiedsgerichtliche Verfahren gehöre, und hat den Vorinstanzen 
in den Rundschreiben vom 20. und 28. April 1893 (Arb.-V. 
S. 364 ff.) dies dringend an’s Herz gelegt. Dabei ist hervor- 
gehoben, dass das Rekursgericht erfahrungsmässig im Hinblick 
auf die Sachkunde der Schiedsrichter nur ausnahmsweise geneigt 
sei, von Feststellungen abzuweichen, die auf Grund einer per- 
sönlichen Besichtigung des Verletzten im Verhandlungstermine 
getroffen sind. Soll hiernach der Schwerpunkt der Beweisaufnahme 
bei der 1. und 2. Instanz liegen, so lässt sich doch nicht ver- 
kennen, dass die Möglichkeit durchgreifender Nachprüfung seitens 
der obersten Spruchbehörde die beste Gewähr für gründliche 
Sachaufklärung bietet. Es ist deshalb zweifelhaft, ob die Unfall- 
novellen das Richtige vorschlagen,. indem sie das Reichsversiche- 
rungsamt fortan nur noch als Revisionsinstanz über Gesetzes- 
verletzungen, Verstösse wider den klaren Akteninhalt 
und über wesentliche Mängel des Verfahrens entscheiden 
lassen wollen, 
Bei Invaliden- und Altersrenten ist allerdings nach $ 80 
Abs. 2 der Inv.- u. A.-V.-G., ähnlich wie im preussischen Verwal- 
tungsstreitverfahren, das Rechtsmittel in letzter Instanz auf Rügen 
dieser Art beschränkt. Das Vorbringen neuer Thatsachen über die 
Archiv für öffentliches Recht. X. 4. 39
	        
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