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den vorliegenden Bänden wiederholt hingewiesen wird. Im Gegensatz zu
der LiszrT’schen Systematisirung, die allein unter den abweichenden Theorien
in kurzen Sätzen dargelegt wird, nimmt sonach der Verfasser das durch das
Verbrechen angegriffene subjektive Recht zum Eintheilungsgrund. Natürlich
ergeben sich bei der Klassifikation manche Unebenheiten, die jedoch um so
weniger zu rügen sind, als der Verfasser am Anfang seiner Betrachtungen
selbst darauf aufmerksam macht, dass jede Eintheilung der Verbrechen noth-
wendigerweise mehr oder weniger den Stempel des Willkürlichen tragen
müsste. Dr. G. von Streit (Athen).
Dr. L. Oppenheim, Professor der Rechte an der Universität Basel, Die
Objekte des Verbrechens. Basel. Benno Schwabe, 1894. VIII.
388 S. Preis Mk. 10.
Die vorliegende Untersuchung geht von einer möglichst weiten Definition
des Objektbegriffes aus. Objekt des Verbrechens ist danach nicht das Ding,
auf welches sich die Verbrechenshandlung richtet, welches also durch die-
selbe angegriffen wird; Objekt ist vielmehr ein jedes i. w. S. dem Subjekte
gegenübergestelltes Ding ($ 14fg.), sei es das einzelne körperlich greifbare
Ding der Aussenwelt, sei es ein Begriff, den der Mensch seiner Betrachtung
unterwerfen kann. Objekt aber einer Handlung (d.h. einer Willensverwirk-
lichung durch Muskelbewegung $ 16) ist dasjenige, mit welchem das Subjekt
in selbstbezweckten Zusammenhang getreten ist. Demgemäss wäre Objekt
des Verbrechens .auch ein durch die Handlung selbst erzeugtes, resp. ein
durch die Handlung am Entstehen verhindertes Objekt; ja, bei Betrachtung
des Verbrechens in seiner Beziehung zu Zeit und Raum ergebe es sich, dass
man sich auch räumliche Objekte der Verbrechenshandlungen vorstellen könne
($ 20). Ueberhaupt uber müsste man bei Betrachtung der Objekte des
Verbrechens, da bei Aenderung des Standpunktes, von dem aus man einen
Thatbestand in’s Auge fasse, nothwendig sich auch die Objekte veränderten,
zur Beantwortung der Frage nach dem Objekte eines Verbrechens jedes
Mal vorher feststellen, welchen Standpunkt man in der Betrachtung ein-
nimmt ($ 22fg.).. Andererseits sei aber auch die Natur der Objekte auf die
Vornahme der Handlung von Einfluss ($ 19: es gäbe neben selbständigen
körperlichen und unkörperlichen auch unselbständige Dinge; Letztere wären
entweder Theile eines selbständigen Ganzen oder bestünden aus mehreren
selbständigen Dingen resp. aus Beziehungen, Zuständen oder Vorgängen).
Endlich sei auch zwischen Objekt und Mittel zu unterscheiden.
Auf Grund obiger Betrachtungen wird dann zur Aufstellung der ver-
schiedenen Objektskategorien geschritten:
1) Definitionsobjekte. 2) Die verletzte Norm. 8) Das objek-
tive Recht. 4) Das Gehorsamsrecht des Staates. 5) Die Gehor-
samspflicht gegen den Staat. 6) Die Rechtsordnung (als Zustand).