—_ 78 —
Würde zwar durch Erhebung des Entwurfes zum Gesetze
für Preussen eine neue Rechtsbildung entstehen, so behandelt er
gleichwohl keinen völlig neuen Rechtsstoff. Nachdem für Ungarn
bereits 18685 ein Pfandrecht an Eisenbahnen ausgebildet worden.
war, wurde 1874 für Oesterreich-Ungarn® und in der Schweiz’
nach dieser Richtung gesetzgeberisch vorgegangen, sodass in beiden
Ländern eine 20jährige Erfahrung vorliegt. Nicht minder hatten
sich die verbündeten Deutschen Regierungen schon 1879 mit dem
Gedanken getragen, ein Bahnpfandrecht und Bahnzwangsvoll-
streckungsverfahren im Wege der Reichsgesetzgebung zu schaffen.
Er fand in den Gesetzentwürfen betreffend das Pfandrecht der
Eisenbahnen und die Zwangsvollstreckung in dieselben seinen
"Abschluss, welche unter dem 3. April 1879 bezw. 27. Febr. 1880
vom Bundesrathe dem Reichstage zur verfassungsgemässen Be-
schlussnahme vorgelegt waren®. Im letzteren Jahre war es zwar
zu seiner Durchberathung durch eine Uommission, indess wegen
vorzeitigen Reichstagschlusses nicht mehr zur Verabschiedung ge-
kommen, während seine spätere Wiedereinbringung aus Gründen
der Eisenbahnfinanzpolitik unterblieb. Nachweisbar ist dieser
Entwurf in der ihm von der Reichstagskommission gegebenen
Gestalt der preussischen Gesetzesvorlage zu Grunde gelegt worden.
I.
Während die ältere Vorlage weniger dem freien Vorgehen
der Bundesregierungen als der Anregung des Reichstages ent-
sprungen war, welcher in der Sitzung vom 21. Dezember 1876?
und in einem besonderen Antrage!" der Auffassung Ausdruck ge-
geben hatte, dass den Bahndarlehnsgläubigern eine grössere
Sicherheit geboten werden müsse, um den Geldmarkt für die Be-
dürfnisse der Bahnnetzerweiterungen willfährig zu erhalten, ging
® G. v. 7. April 1868; Gueım i. d. Zeitschr. „Kleinbahnen“, Jahrg. I,
Ss. 121.
© G. v. 19. Mai 1874 mit G. v. 24. April 1874 und 5. Dez. 1877.
" G. v. 24. Juni 1874.
® Drucks. d. Reichst. 1879, No. 130, 1880, No. 83.
% Stenogr. Ber. d. Reichst. 1876, Bd. II, S. 1000.
10 Drucks, d.' Reichst. 1877, No. 188.