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fahrung gezeigt, dass die Geldmänner nur höchst ausnahmsweise
und zu Zeiten übermässigen Geldüberflusses sich zur Betheiligung
bei unnatürlichen Bahnunternehmungen haben verleiten lassen,
vielmehr eher der umgekehrte Vorwurf berechtigt ist, dass ihre
Zurückhaltung von minder ertragsreichen Bahnunternehmungen
zu gross gewesen sei.
Endlich würde das Zustandekommen des (Gesetzes doch noch
Niemanden zwingen, von seinen Vortheilen Gebrauch zu machen,
und noch weniger hindern, dass der Staat, die Provinzen oder
Kreise den Bahnbau selbst unternehmen, um ihn der Privat-
unternehmung zu entziehen. Solange indess (utsverbände, Städte
und Provinzen noch nicht auf jede fremde Hilfe verzichten zu
können meinen?’ und so lange die Finanzlage des Staates den
Bahnbau auf Staatsrechnung oder die Unterstützung aus Staats-
mitteln nicht zulässt, wird der durch den Entwurf betretene Weg
umsoweniger für verfehlt erklärt werden dürfen, als weder aus
Öesterreich-Ungarn noch aus der Schweiz während der 20 jährigen
(Greltungsdauer der Bahndarlehns-Schutzgesetze irgend welche nach-
theilige Erfahrungen bekannt geworden sind.
Nach alledem ist mindestens die Zweckmässigkeit eines Schutzes
der Bahndarlehnsgläubiger anzuerkennen.
Il.
Dagegen lassen schwerwiegende Gründe wirthschaftlicher und
rechtlicher Natur wünschenswerth erscheinen, dass die geplante
Rechtsordnung nicht auf Preussen beschränkt bleibt, sondern auf
Deutschland ausgedehnt werde, also im Wege der Reichsgesetz-
gebung statt der Laandesgesetzgebung erfolgt. Denn thut ein
Pfandrecht und eine Zwangsvollstreckung dem Preussischen Lan-
desgebiete Noth, so wird sie im übrigen Deutschland gleichfalls
heilsam wirken. Der Geldbedarf für Bahnzwecke ist in Preussen
nicht schwieriger zu decken wie im übrigen Deutschland, hier wie
dort wird eine erhöhte Sicherheit für Bahndarlehne die gleiche
% Drucks. d. Herrenh. 1892, No. 69, 8. 89 u. No. 70, d. Abgeordn.
No. 241, Stenogr. Ber. d. Abgeord. 1892, 8. 1315 ff.