_. m —
Die vorstehenden Bestimmungen waren in der betreffenden
Verordnung an das Kgl. Amtsgericht von folgenden erläuternden
Bemerkungen begleitet:
Zu 1. Der Kreis der Kinder, für welche der Vorstand
des Armenamtes auf seinen Antrag zum allgemeinen Alters-
vormund ernannt werden soll, wird ganz erheblich ausgedehnt.
Es gehören dahin nicht nur die eigentlichen Waisenkinder,
sondern auch alle sonstigen vaterlosen, ehelich oder ausserehe-
lich geborenen Kinder, deren Versorgung von Seiten des Armen-
amtes aus Rücksichten der Armenpflege sich erforderlich macht.
Abgesehen von den allgemeinen gesetzlichen Erfordernissen der
Einleitung einer Altersvormundschaft wird nur vorausgesetzt,
dass die Kinder auf Veranstaltung der Armenversorgungs-
behörde verpflegt werden und dass das Amtsgericht Leipzig
für dieselben die zuständige Vormundschaftsbehörde ist. So-
weit letzteres nicht der Fall ist, weil die Kinder bei einem
anderen sächsischen Gericht zu bevormunden sind, bleibt dem
Armenamte anheimgegeben, die Ueberleitung der Vormundschaft
auf das Amtsgericht Leipzig in Anregung zu bringen.
(Beiläufig sei hierzu gleich bemerkt, dass wir die Ueberleitung
auch bei solchen Kindern beantragen, welche Staaten angehören, die
mit Sachsen im Vormundschaftskartell stehen.)
Gegenüber den Vormündern, welche für die Kinder vor
deren Uebernahme in städtische Armenpflege etwa bereits in
Pflicht genommen waren, ist das in der Verordnung vom 11. Mai
1886 vorgezeichnete Verfahren zu beobachten. Eine Verpflich-
tung des Amtsgerichts, andere Personen, insonderheit Mütter
oder sonstige Angehörige der Kinder vor der Bestellung des
Vorstandes des Armenverbandes zum Vormunde zu hören, ist
in den Gesetzen nicht begründet. Da ein etwaiger Widerspruch
solcher Personen zu unnützen Weiterungen führen kann, wird
im -Gegentheil, besonders geartete Fälle ausgenommen, die vor-
gängige Anhörung Unbetheiligter zweckmässig unterbleiben.