— 1 —
linge die Lehr- und Dienstverträge auf den Namen des Armen-
amtsvorstandes als des Vormundes derselben abgeschlossen worden.
Nicht der Armenamtsvorstand, wohl aber der Vormund hat das
Recht und die Macht, das Entlaufen aus Lehre oder Dienst zu
verhindern und dahinzielende Bestrebungen dritter Personen (in-
sonderheit der gewissenlosen Eltern) abzuwehren. Haben wir
unsere Pfleglinge über diesen heiklen Zeitabschnitt hinweg, dann
können wir eher hoffen, dass sie gefestigt den an sie heran-
tretenden Verlockungen des Lebens gegenüberstehen.
Von hier aus hat sich nun hauptsächlich in Folge einer von
Seiten des Kgl. Justizministerii den Vormundschaftsbehörden ge-
wordenen Anregung die neue Einrichtung auch nach anderen
Orten verbreitet. Im Jahre 1892 war sie bereits in 11 Amts-
gerichtsbezirken mit 19 Städten zur Einführung gelangt und in
8 Städten stand die Einführung noch bevor.
Als nur selbstverständlich ist es wohl zu betrachten, dass
die neue Einrichtung auch ihre Gegner, und dass man an der-
selben auch Das und Jenes auszusetzen gefunden hat. Sei es
gestattet, einzelne der hauptsächlichsten Einwürfe hier anzuführen:
Zunächst hat man — aber es sind deren nur Wenige ge-
wesen — in der Uebernahme der vormundschaftlichen Fürsorge
für die in Frage befangenen Personen eine bedenkliche Konzession
an sozialistische Forderungen sehen zu sollen geglaubt und sie
als einen Schritt abwärts auf der sozialistischen Bahn bezeichnet.
Dieser Einwurf konnte nur dadurch entstehen, dass man sich an
die rein äusserliche Thatsache der Uebernahme der Fürsorge für
Private durch die Gemeindebehörde gehalten hat, ohne auf den
Zweck und den Inhalt der gewählten Form auch nur einen Blick
zu werfen. Aus dem Dargestellten dürfte wohl zur Genüge her-
vorgehen, dass die eingeführte Form der Vormundschaftsüber-
nahme nicht im Entferntesten bezweckt, die den Aeltern obliegen-
den Pflichten auf die Allgemeinheit zu übernehmen, sondern dass
sie gerade darauf ausgeht, die Verpflichteten zur Erfüllung ihrer