Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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Gerichtes und es würde eine zu starke Betonung des Aufsichts- 
rechtes vor allem dem Gerichte selbst Schwierigkeiten bereiten. 
Man muss doch immer davon ausgehen, dass auf beiden Seiten, 
beim Vormundschaftsrichter, wie bei dem betr. Verwaltungsbeamten 
der gute Wille vorhanden ist, im Interesse der guten Sache mit 
einander Hand in Hand zu arbeiten und es ist verfehlt, bei Be- 
urtheilung der neuen Einrichtung sich mögliche, aber jedenfalls 
sehr abnorme Fälle zu konstruiren, die vielleicht mal eintreten 
könnten, aber bei nur einigem guten Willen sich vermeiden lassen 
und aus denen es doch noch viele Auswege giebt! 
Endlich hat man noch den Vorwurf erhoben, dass die Ein- 
richtung dadurch, dass sie in so wichtige Familienrechte eingreife, 
den Familiensinn untergrabe. Dieser Einwurf ist um so mehr zu 
beachten, als wir vom Standpunkte der Armenpflege aus auf die 
Erhaltung und Förderung des Familiensinnes den allergrössten 
Werth legen müssen. Es würde viel besser um unsere sozialen 
Verhältnisse stehen, wenn noch der gute deutsche Familiensinn 
und die Familienzucht in der grossen Masse des Volkes lebendig 
wäre. Wo wir sie noch, wenn auch nur in Spuren noch finden, 
müssen wir sie schonen und wecken. Es ist aber doch nicht ge- 
sagt und gefordert, dass die offizielle Vormundschaft wahllos 
einzutreten habe. Nur da soll sie eintreten, wo sie im Interesse 
des Kindes angezeigt erscheint. Es kommt, wie in allen Dingen, 
auch hier auf den richtigen Takt an. 
Mehr oder minder sind alle die hier aufgezählten Einwürfe 
vom Standpunkte der Theorie aus konstruirt und erhoben. Den 
besten Prüfstein für dergleichen theoretische Bedenken bildet aber 
doch wohl der Boden der Praxis und von diesem aus können 
wir hier nach einer nunmehr langjährigen Uebung nur das Eine 
behaupten bez. bestätigen, dass weder in der einen noch in der 
anderen Richtung bis jetzt ein Vorkommniss zu verzeichnen ge- 
wesen ist, welches diese Bedenken auch nur im Entferntesten 
angeregt oder gar als gerechtfertigt erwiesen hätte.
	        
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