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sich ganz seiner theoretischen Beschäftigung hingab. Grerade
diesen Jahren der Zurückgezogenheit verdankte er selbst die Ver-
tiefung seiner politischen Auffassung, die Mit- und Nachwelt seine
epochemachenden Werke über englisches Staatsrecht, der deutsche
Staat der Gegenwart den festen Ausbau seiner Selbstverwaltung
und Verwaltungsrechtsprechung.
Seit einst MoNTESQUIEU in seinem berühmten Kap. 6 des
11. Buches des Esprit des Lois das Idealbild der englischen Ver-
fassung gezeichnet hatte, wie es thatsächlich nie bestand und nie
bestehen konnte, galt England den Völkern des Kontinents als
das Ideal freien Staatslebens überhaupt. In einem Siegeszuge
ohne Gleichen hatte sich die konstitutionelle Lehre als das poli-
tische Glaubensbekenntnis der gebildeten Klassen die romanischen
Länder erobert. Wenn in den deutschen Einzelstaaten eine
kraftvolle Monarchie und die Reste der ständisch-feudalen Ge-
sellschaftsordnung das aus Frankreich und Belgien entnominene
Muster des deutschen Liberalismus mannigfach trübten, so hatte
sich doch auch Deutschland dem wunderbaren Zauber der kon-
stitutionellen Staatslehre nicht entziehen können. War ihr doch
noch soeben unter revolutionären Stürmen jene machtvolle
Schöpfung der Hohenzollern anheimgefallen, deren König sich noch
ein Jahr zuvor verschworen hatte, dass nie das Blatt Papier einer
konstitutionellen Verfassung sich zwischen ihn und sein Volk
drängen würde.
Kaum war aber das kontinentale Europa im Besitze der
heiss erstrebten konstitutionellen Herrlichkeit, so fand man sich
allgemein enttäuscht und zwar um so mehr, je folgerichtiger man
die konstitutionelle Theorie verwirklicht hatte. Der Kampf um
den Besitz der Macht und ein Parteiregiment zu ihrer Erhaltung
füllte das öffentliche Leben aus. Die strengste konstitutionelle
Regierung, welche Frankreich je besessen, war einem kurzen
Strassenkampfe erlegen, um den heftigsten Klassenkämpfen zwi-
schen Besitzenden und Nichtbesitzenden Platz zu machen.
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