96 —
zu unterbleiben®. Den Gebrauch der Schusswaffen gegen Kinder
sollte man überhaupt verbieten®. Leider fehlt überall eine der-
artige Vorschrift.
Wie weit im Einzelfalle der Gebrauch der Waffen zu gehen
hat, lässt sich nicht ein für alle Mal bestimmen. Die Anwendung
derselben ist gebunden und bedingt durch die Natur und das
Mass des Widerstandes, welchen der vollziehende Beamte findet.
Sie darf niemals weiter gehen gegenüber dem Einzelnen, als dass
sie ihren Zweck, den Gehorsam des Einzelnen, erreicht; jede
Gewalt, welche nach erzieltem Gehorsam ausgeübt wird, ist an
und für sich eine Rechtsverletzung. Die verschiedenen Gesetze
über den Waffengebrauch schreiben denn auch vor, dass der
Waffengebrauch nicht weiter gehen soll, als zur Abwehr des
Angriffs oder zur Ueberwindung des Widerstandes, überhaupt
zur Erreichung der Zwecke erforderlich ist. Lebensgefährliche
Verletzungen sind deshalb zu vermeiden. Die Hiebwaffe ist
gegen die Arme des Kontravenienten zu gebrauchen, die Schuss-
waffe dagegen gegen die Beine zu richten. Die Ueberschreitung
der gesteckten Grenzen wird indess in analoger Anwendung
des & 53 des Str.-G.-B. nicht für strafbar zu erachten sein, wenn
der Beamte — und das wird bei Forstbeamten in einsamem
Walde wohl vorkommen können — in Bestürzung, Furcht oder
Schrecken gehandelt hat.
STEIN, Verwaltungslehre, Bd. I S. 210, meint, dass die An-
wendung der Zwangsmittel auch nie kleiner sein dürfe, als der
® Bei Verletzung nicht betheiligter Personen kann der Beamte unter
Umständen wegen fahrlässiger Körperverletzung strafrechtlich haftbar ge-
macht werden. Das Recht zum Gebrauch der Waffe ıst kein absolutes,
geräth es mit dem Anspruch unbetheiligter Personen auf Unverletztheit
ihrer Person in Konflikt, so muss ersteres als das schwächere Recht
weichen. Die Instruktionen für Forst- und Grenzbeamte treffen besondere
Bestimmung.
® Am 5. Febr. 1882 erschoss in Berlin ein Militärposten einen zwölf-
jährigen Knaben, welcher ihn verhöhnt hatte, und blieb straflos.