Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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habung eines Parteiregiments in der Verwaltung, sondern der 
Dienst der besitzenden Klassen in staatlichen Ehrenämtern und 
die unparteiische Handhabung des öffentlichen Rechtes durch die 
Verwaltungsrechtsprechung machte das Wesen der englischen 
Verwaltung aus. Unwillkürlich verstummten vor dieser nüchternen 
Wahrheit die Berufungen der Parteien auf England. Nichts- 
destoweniger blieb aber die Durchführung der Prinzipien der 
Selbstverwaltung, die man hier in konkretester Gestalt vor sich 
sah, auch für den deutschen Staat in den Wirren des Uebergangs 
zu einer neuen Rechtsordnung das erstrebenswerte Ziel. 
Nachdem GNeEisT mit Beginn der neuen Aera im Jahre 1858 
zum ordentlichen Professor der Berliner Universität ernannt und 
auch in das Abgeordnetenhaus eingetreten war, schien sich ihm 
das Feld für ein weites wissenschaftliches und politisches Wirken 
zu eröffnen. Leider legte der bald ausbrechende preussische Ver- 
fassungskonflikt für ein halbes Jahrzehnt die politische Gesetz- 
gebung überhaupt lahm. Bei seiner tiefen wissenschaftlichen 
Einsicht in die notwendigen Lebensbedingungen des Staates war 
GNEIST allerdings weit entfernt von den Ideen des absoluten 
Budgetrechtes der Volksvertretung, wie es der Radikalismus be- 
hauptete, und ist diesem auch später mehrfach in besonderen 
Monographien über „Budget und Gesetz“ (1867) und „Gesetz 
und Budget“ (1879) entgegentreten. Seine Stellung unter den 
Gegnern der Regierung ergab sich vielmehr aus seiner wissen- 
schaftlichen Ueberzeugung, dass die nach den Freiheitskriegen 
begründete Organisation der Armee auf Gesetz beruhe und des- 
halb nur durch Gesetz abgeändert werden könne. Es ist hier 
nicht der Ort, den an einer anderen Stelle versuchten Nachweis, 
dass jene Ansicht eine irrtümliche war, zu wiederholen. Jeden- 
falls beruhte die Stellungsnahme GNEISTs zu der Frage der Armee- 
reorganisation, die zeitweise eine aussergewöhnliche persönliche 
Schärfe annahm, auf der ehrlichen Ueberzeugung, dass die Wahrung 
der Rechtskontinuität die höchste Aufgabe des Staates sei.
	        
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