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Auch bei Volksaufläufen, Tumulten u. s. w. ist die Anwen-
dung von Waffengewalt den Polizeibehörden gestattet. Nach
S 12 des Gesetzes vom 30. Dezember 1820 (G.-S. vom 1821, 8.1)
hat die Gensdarmerie zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ord-
nung und Sicherheit allen Auflauf, Zusammenrottirung und Tumult
zu verhindern und zu unterdrücken. Die gleiche Pflicht liegt
natürlich den Polizeibehörden, welche übrigens die Gensdarmerie
zu unterstützen hat, ob. Das Reichsgericht (Entsch. i. Strafs. VI,
91) hat nun Gensdarmen und Polizeisergeanten für befugt er-
achtet, an eine auf Öffentlichen Wegen, Strassen oder Plätzen
versammelte Menschenmenge die Aufforderung zu richten, sich
zu entfernen ($ 116 des Str.-G.-B.). Dass sie auch zu der Anord-
nung befugt seien, die Waffen zu gebrauchen, falls der drei-
maligen Aufforderung keine Folge geleistet wird, kann nicht
angenommen werden. Seitens des Öbertribunals (OÜPPENHOFF,
Rechtspr. Bd. 18, S. 163) ist diese Befugniss für den niederen
Polizeibeamten, insbesondere den Polizeidiener verneint, indess
für die Gensdarmerie bejaht. Die letztere Annahme ist nicht
gerechtfertigt, da zwischen beiden Beamtenkategorien nicht unter-
schieden werden kann.
Dass nur ein höherer Polizeibeamter oder Befehlshaber der
(tensdarmerie?? einen solchen Befehl ertheilen dürfe, wird man
nicht fordern dürfen. Die Stellung des Beamten u. s. w. muss nur
(sewähr bieten, dass von der Befugniss der Waffenanwendung ein
vernünftiger und besonnener Gebrauch gemacht wird. Man wird
deshalb auch Polizeiinspektoren, -Kommissare, Wachtmeister der
Gensdarmerie zu den hier fraglichen Personen rechnen dürfen.
Die Polizei soll zur Unterstützung bei Aufläufen u. s. w.
Militär requiriren (vgl. Verordnung vom 30. Dez. 1798; G.-S.
1835, 8. 173). Diese Vorschrift ist gegeben, weil die Kräfte
®® Die vorgesetzten Beamten sind übrigens, wenn sie allein, nicht als
Führer einer Abtheilung, auftreten, nur in den im $ 28 der Instruktion be-
zeichneten Fällen zur Waffenanwendung berechtigt.