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ausgedehnt“. Und was die Tragweite dieses Staatsrathsbeschlusses für Streitig-
keiten, besonders Schlägereien, auf einem in einem ausländischen Hafen
liegenden Handelsfahrzeuge betrifft, an welchen Angehörige der Schiffs-
mannschaft und andere Persunen, besonders Passagiere betheiligt sind, so
versteigt sich der Verfasser (S. 38) zu folgenden Sätzen: „Ist der verletzte
Matrose Staatsangehöriger des Uferstaates, so kann der Uferstaat in jedem
Falle eine Störung der Ruhe annehmen und darum den Delinquenten vor
seine Gerichte ziehen. Ist aber der Thäter Angehöriger des Uferstaates, so
gibt es eigentlich keinen rechten Grund, um diesen unter die Jurisdiktion
desselben fallen zu lassen“.
Der Zweck von Untersuchungen von Seeunfällen, welche fremde Schiffe
verschuldet haben, ist nach Ansicht des Verfassers (S. 25) unter anderem
auch, „eine Entschädigungsforderung von Seiten des Staates oder Privat-
personen dem fremden Staat gegenüber zu begründen“ (vgl. dagegen S 4 des
R.-G. vom 27. Juli 1877).
Was das internationale Privatrecht anlangt, so steht der Verfasser
(S. 32) noch auf dem Standpunkt, dass „in privatrechtlicher Beziehung sich
bei einer Statutenkollision die Beurtheilung eines Vertrages betrefis der
Form nach dem Ort seines Abschlusses, betreffs des Inhaltes nach dem Er-
füllungsort richtet“.
Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass (S. 24) hinsichtlich des
Nothstandes der $ 53 anstatt $ 54 des R.-Str.-G.-B. und (S. 30) $ 2 der
Seemannsordnung anstatt 8 102 eitirt wird, die Bezugnahme aber auf $ 4
ibid., da auch $ 104 nicht zutrifft, ganz unerklärlich ist.
In der Sache selbst steht der Verfasser fast durchweg auf dem Stand-
punkt der herrschenden Meinung. So, indem er hinsichtlich der Küsteu-
gewässer die Souveränitätsrechte des Küstenstaates auf das Nothwendigste
beschränkt, sowie insbesondere bloss passierende Schiffe lediglich militäri-
schen und polizeilichen Anordnungen unterstellt und hinsichtlich der Aus-
dehnung der Küstengewässer ein internationales Abkommen für wünschens-
werth erklärt. Das dem mehrerwähnten Staatserathsbeschlusse zu Grunde
liegende Prinzip hinsichtlich der auf einem Schiffe in ausländischem Hafen
verübten strafbaren Handlung erklärt auch er für juristisch bedenklich. Die
von ihm vertheidigte Beschränkung des Verfolgungsrechtes des Staates auf
die Küstengewässerzone aber dürfte schon um deswillen als praktisch undurch-
führbar erscheinen, weil das verfolgende Schiff bei seiner Nacheile sehr leicht
in die Lage kommen kann, die Grenze der Küstengewässer zu überschreiten,
besonders dann, wenn es die Möglichkeit vor sich sieht, das verfolgte Schiff
binnen kürzester Frist zu erreichen.
München. Heinr. Harburger.