— 156 —
Dr. Alois Heilinger, Magistratskonzipist und Leiter der Kanzlei des 6. Ge-
meindebezirkes in Wien. Oesterreichisches Gewerberecht.
Wien, Manz’sche k. u. k. Hof-Verlags- und Universitätsbuchhandlung,
1894. Band 1, VIII u. 465 S., Band 2, 339 S., 8°.
Kommentare zu politischen Gesetzen zeichneten sich bisher in Oester-
reich der Regel nach durch zwei Merkmale aus: durch eine (nicht immer
gelungene) Paraphrase des Gesetzes und durch Vorführung eines Simile,
oder — wie der Praktiker sich landläufig ausdrückt — des „Schimmels“,
dessen Anbetung nicht auszurotten ist, ungeachtet schon seit 18 Jahren die
Institution des Verwaltungsgerichtshofes einen Einblick in die bislang dunklen
Wege der Administration gestattet. Für die Werthschätzung eines Kommen-
tars oder Lehrbuches über Gegenstände der politischen Verwaltung war daher
auch bisher weniger die innere wissenschaftliche Bedeutung als die Brauch-
barkeit für die nächstliegenden (!) Zwecke der Praxis massgebend. Zu den
Ausnahmen gehört das in der Ueberschrift angezeigte Werk, welches wegen
seines wissenschaftlichen Werthes zu schätzen ist und manchem Kommentar
eines Justizgesetzes zur Seite gestellt werden kann. Der reiche Inhalt des
Buches, welches das österreichische Gewerbegesetz in seiner Legalordnung
erläutert, verdient alle Anerkennung, obwohl der Verfasser in der Einleitung
desselben Alles gethan hat, um den Leser gegen sich einzunehmen Die
Einleitung sorgt nämlich für eine (wenigstens objektiv) nicht gerechtfertigte
Bereicherung des dem ersten Bande beigegebenen Namen-Index und befasst
sich weniger mit dem Gegenstande der Schrift als mit einer älteren Mono-
graphie des Verfassers und der Anpreisung des Befähigungsnachweises und
Genossenschaftszwanges. Auch die zu den Einführungsvorschriften gegebenen
Erläuterungen (8. 1—58) sind für den Werth des Buches noch nicht ausschlag-
gebend. Die Geschichte des Zunftwesens bringt dasselbe nur äusserlich zur
Darstellung; die Rechtssätze jener Zeit werden uns nicht vermittelt und
darum haben die bezüglichen Mittheilungen HEILıneer's für die Rechts-
geschichte so wenig einen Werth wie jene seiner Vorgänger. Der Begriff
des Gewerbes (S. 7f.) wird mehr nach wirthschaftlichen als juristischen
Prinzipien konstruirt und vom Begriff des Gewerberechtes nicht abgeschieden;
Gewerbe, Gewerbsmässigkeit und Gewerberecht fliessen regellos durcheinander.
Auch die Darstellung der einzelnen Erwerbszweige (S. 12—43), der Real-
gewerbe (S. 43—52) und Monopole (8. 53—56) ist ergänzungsbedürftig und
die Wichtigkeit des Kapitels von dem fortdauernden Schutze erworkener
Rechte (S. 43 und 5) hätte eine bessere Klärung dieser auch wissenschaft-
lich sehr interessanten Materie gerechtfertigt.
Vorzügliches bietet dagegen, wenn man von der Lückenhaftigkeit der
die Bestimmungen gegen unlauteren Wettbewerb und den Bestimmungen
über Zurücknabme der Gewerbsberechtigung gewidmeter Erörterungen
(S. 281—286 und 814-—316) absieht, der Kommentar des Gesetzes selbst.
Ueberall finden wir die einschlägige Literatur, die praktische Uebung des