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Urtheil vom 4. Mai 1871 (Entsch. des R.-O.-H.-G. IL S. 255)
wird in dieser Hinsicht ausgeführt, dass das Betriebs-Reglement
des Norddeutschen Bundes gemäss Art. 45 der Bundesverfassung
„als Gesetz“ erlassen ist. Im demselben Sinne bezeichnet das
Urtheil vom 24. Mai 1872 (Entsch. des R.-O.-H.-G. VI 8. 276)
das Betriebs-Reglement für die Eisenbahnen. Deutschlands vom
10. Juni 1870 als das „gesetzliche Betriebs-Reglement“.
Der gleiche Standpunkt ist, wenn auch in verschiedenen
Nüancirungen, in der Theorie mehrfach vertreten.
So sagt v. RÖNNE in seinem Staatsrecht des Deutschen
Reichs, 2. Aufl, II, 1, S. 321 Note 6: „Das Betriebs-Reglement
vom 11. Mai 1874 enthält, obwohl nur Reglement, wichtige
civilrechtliche Bestimmungen über die Haftbarkeit der Eisenbahnen
aus dem Transport von Gütern und Reisegepäck; es enthält eine
weitere Ausführung der Art. 422—431 des H.-G.-B. und stellt
die wichtigsten Normativbestimmungen für das Personen- und
Grüterfrachtgeschäft der Eisenbahnen auf. Namentlich wird die
privatrechtliche Haftbarkeit der Eisenbahnen für Verluste und
Beschädigungen, sowie Verzögerung des Transports umfassend
geregelt, dies Alles jedoch nur innerhalb des Rahmens, welchen
die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs aufstellen, um das Mini-
mum der Verpflichtungen der Eisenbahnen zu fixiren. Das vom
Bundesrath erlassene Reglement will in dieser Hinsicht als gesetz-
liche Norm an die Stelle der früheren, von den Eisenbahnen selbst
in ihren Reglements erlassenen Bestimmungen treten“ °®,
HÄNEL, in seinen Studien zum deutschen Staatsrecht: Die
organisatorische Entwicklung der Reichsverfassung (1888) II,
S. 81—84 vgl. mit 8. 73, erblickt im Betriebs-Reglement vom
10. Juni 1874 — gerade wie im Bahnpolizei-Reglement, der Signal-
Ordnung, den Konstruktionsnormen, den Bestimmungen über die
Befähigung der Bahnpolizeibeamten und denen über die Verladung
” Vgl. hierüber unten Anm. 46.