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tung einer abstrakten lex contractus, welche dadurch, dass der
einzelne Frachtvertrag auf Grund desselben abgeschlossen wird,
zur konkreten Vertragsnorm wird. Dass die einzelnen Bestim-
mungen der abstrakten lex contractus für den Absender keine
weitere Bedeutung haben, ergiebt sich insbesondere daraus, dass
den Eisenbahnverwaltungen im Eingange des Reglements aus-
drücklich gestattet ist, Spezialbestimmungen über den Inhalt der
von ihnen abzuschliessenden Frachtverträge aufzustellen, welche
dem Publikum günstigere Bedingungen gewähren, eine Bestim-
mung, welche unmöglich wäre, wenn es sich um Vorschriften
handelte, welche von einer Staatsbehörde im Interesse der all-
gemeinen Sicherheit aufgestellt sind.“
Das letztere Argument trifft, nachdem der Text der „Ein-
gangsbestimmungen“ eine andere Fassung erhalten hat, für die
Verkehrs-Ordnung nicht mehr zu, indem diese nur mit Genehmi-
gung der Aufsichtsbehörde durch eisenbahnseitige Bestimmungen
abgeändert werden kann. Im Uebrigen werden die Ausführungen
des Gerichtshofes auch auf die Verkehrs-Ordnung anzuwenden sein.
In einem weiteren Urtheil des Reichsgerichts vom
11. Februar 1887, IV. Straf.-Sen. (Entsch. in Strafsachen XV,
S. 206) wird anlässlich der Frage, welche Natur die im 8 50,
Ziff. 4 des Betriebs-Reglements vorgesehene „Konventionalstrafe“
habe, Folgendes ausgeführt:
„Die in den 8846 ff. des Betriebs-Reglements für die deutschen
Eisenbahnen vom 11. Mai 1874 und den dazu ergangenen Aus-
führungsbestimmungen enthaltenen Vorschriften über den Fracht-
verkehr haben dadurch, dass sie auf Grund des Art. 45 der
Reichs-Verfassung erlassen sind, nicht den ihnen in der Revision
des Angeklagten zugeschriebenen Charakter von Normen des
öffentlichen Rechts erlangt. Sie sollen im Anschlusse an die
Vorschriften der Art. 422ff. des H.-G.-B. als allgemein fest-
stehende Unterlage der mit der Eisenbahnverwaltung zu schlies-
senden Frachtverträge dienen und sind dieser ihrer Bestimmung