Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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Ihm zufolge wäre das Betriebs-Reglement des Bundesrathes 
nicht ein blosser Verwaltungsbefehl, sondern in verschiedenen Be- 
ziehungen auch ein Rechtsbefehl. Dies sei dasselbe überhaupt 
den Eisenbahnen gegenüber, weil es ihre Handlungs- und Ver- 
tragsfreiheit einschränke, dem Publikum gegenüber aber nur, so- 
weit darin allgemeine polizeiliche Normen aufgestellt seien. Letzteres 
sei z. B. der Fall bezüglich des Verbotes des Einsteigens in den 
fahrenden Zug, des Mitnehmens feuergefährlicher Gegenstände 
in die Personenwagen. In Ansehung des Verhältnisses zwischen 
Eisenbahn und Verfrachter stelle der betreffende Theil des Be- 
triebs-Reglements überhaupt keinen Rechts- oder Verwaltungs- 
befehl, sondern blosses Vertragsrecht dar. 
11. 
Bei Prüfung dieser verschiedenen Theorien wird man sich 
der grundlegenden Anschauung im Urtheile des Reichsoberhandels- 
gerichts vom 30. November 1875 (s. oben Nr. 7), welche auch den 
muthmasslichen Intentionen des Bundesraths entsprechen dürfte **, 
im Allgemeinen nur anschliessen können. Der Ausbau aber, welchen 
# A. M. ist v. RönnE, s. oben No. 6. Ihm gegenüber ist schon in 
LaABanv’s Staatsrecht (2. Aufl., Bd. II!, S. 126/127 Anm. 2) erinnert, dass es 
nicht darauf ankomme, was der Bundesrath angeblich wollte, sondern was 
er kraft seiner Befugnisse rechtlich vermochte. Uebrigens hat der Bundes- 
rath nachweisslich gar nicht die ihm durch v. Rönne zugeschriebene Absicht 
verfolgt, das von ihm erlassene Betriebs-Reglement dem von den Bahnen er- 
lassenen „als gesetzliche Norm“ zu substituiren. Treffend bemerkt in 
dieser Hinsicht v. Hann in seinem Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 
2. Aufl., Bd. II, S. 694ff.: „Auch das Betriebs-Reglement vom 11. Mai 1874 
ist nicht Gesetz und giebt sich nicht als solches. Es ist vom 
Bundesrath als „Betriebs-Reglement“ publizirt, d. h. als lex contractus für die 
von den Eisenbahnen abzuschliessenden Fracht- und sonstigen Beförderungs- 
verträge. Zwingend ist es insofern, als die Eisenbahnen, wenn es verlangt 
wird, gemäss demselben kontrahiren müssen.“ Ferner — wie schon hier er- 
gänzend bemerkt werden soll — auch insofern, als das Publikum sich dieser 
lex contractus unterwerfen muss, wenn es überhaupt zum Eisenbahntransport 
zugelassen werden will, vgl. unten No. 12.
	        
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