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LABAND dieser Theorie gegeben hat (s. oben Nr. 9), möchte
nach verschiedenen Richtungen anfechtbar sein.
Wenn hiernach das vom Bundesrath erlassene Betriebs-Regle-
ment — jetzt die Verkehrs-Ordnung — zunächst als „Verwaltungs-
vorschrift* oder, wie LABAND sich ausdrückt, als „Verwaltungs-
befehl“ zu betrachten ist, so verstehen wir, dieser Auffassung im
Allgemeinen beitretend, das Wort „Verwaltung“ in einem weiteren,
die Aufsicht umfassenden Sinne. Nun steht aber die Aufsicht
über das Eisenbahnwesen gemäss Art. 4 im Eingang und Ziff. 8
der Reichs-Verf. dem Reiche zu, und zwar in der durch die Be-
stimmungen des siebenten Abschnitts, hier insbesondere durch
Art. 45 näher präzisirten Richtung. Sie ist ein selbständiges,
wenn auch nicht ausschliessliches Recht des Reiches, und dieses
bedarf zur Ausübung nicht erst, wie LABAND annimmt, der Ver-
mittelung der Einzelstaaten. Der Art. 45 der Reichs-Verf. weist
nicht etwa den Bundesregierungen, sondern dem Reiche die Auf-
gabe zu, dahin zu wirken, dass auf allen deutschen Eisenbahnen
übereinstimmende Betriebs-Reglements eingeführt werden. Es kann
daher am wenigsten aus dem Wortlaute des Art 45 der Reichs-
Verfassung abgeleitet werden, dass es sich bei Erlassung des für alle
Bahnen gleichen Betriebs-Reglements um einen Akt der Einzel-
staaten handle?”. Dieser Bestimmung zufolge hätte das Reich
allerdings auch die Vermittlung der Bundesstaaten in Anspruch
nehmen können, um übereinstimmende Betriebs-Reglements oder —
was dem Sinne nach völlig gleichbedeutend ist — ein einheitliches
Betriebs-Reglement für sämmtliche deutsche Bahnen zur Einführung
zu bringen. Aber der Bundesrath, welcher nach Art. 7 Ziff. 2
47 Die Protokolle des verfassungsgebenden Reichstages vom Jahr 1867
(S. 504 ff., insbes. 507) weisen allerdings darauf hin, dass man bei diesen Be-
stimmungen ursprünglich nur eine indirekte Einwirkung des Reichs im
Auge hatte. Allein ihr Wortlaut schliesst direkte, im Verwaltungswege
ergehende Vorschriften des Reichs, wie sie gemäss Art. 7 Ziff. 2 der Reichs-
Verf. dem Reiche im Allgemeinen zustehen, zum Mindesten nicht aus.