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promisse den Ausschlag gebenden Fortschrittspartei unter HÄner’s
Führung erheblich zurückblieb. Gegen ein Unterlassen der vom
Gesetz gebotenen Strafverfolgung reichte das in $8 169 ff. der Str.-
Pr.-O. im Interesse des Verletzten geordneae Verfahren zwar zur
Noth aus, nimmermehr für andere Fälle, wo ein solcher nicht in Frage
bei einer Strafgesetzverletzung kommen konnte und die Staatsan-
waltschaft aufhöhere Weisungin Bausch und Bogen oder im Einzelfall
auf eingeholte „Weisung“ oder von der „Leitung“ der vorge
setzten und obersten Justiz- oder selbst einer anderen Ministerialstelle
(Kultus, Finanzen u. s. w.) von einer Strafverfolgung aus irgend
welchem öffentlichen oder sonstigen Interesse abstand — zur
Verwunderung der öffentlichen Meinung oder wenigstens näher
interessirter oder betheiligter Kreise, in denen eine Gleichmässig-
keit der Strafgesetzanwendung in allen thatsächlich geeigneten
Fällen als ein Grundprinzip der Gerechtigkeitspflege geachtet und
aufrecht zu erhalten gefordert wird.
Aber auch die sonst in dem deutschen Strafverfahren fühlbare
Uebermacht der Staatsanwaltschaft, welche durch deren von den
Regierungsvertretern erzwungene mehr staatsrechtliche Ver-
waltungsstellung als prozessualische Rechtsvertretungs- oder
Justizstellung im Vorverfahren geschaffen worden ist, musste
erhebliche Bedenken hervorrufen und man gab sich, wie von
v. SCHWARZE a. 4. OÖ. und im Kommissionsbericht über den Ent-
wurf der Strafprozessordnung bemerkt wurde, der Hoffnung hin,
dass das Verhältniss der Thätigkeiten im Vorermittelungsverfahren,
welches ja ganz in den Händen der Staatsanwaltschaft liegt, so-
wie in der gerichtlichen Voruntersuchung und dem sich diesen
beiden Verfahren anschliessenden Anklage- und Schlussverfahren
durch die praktischen Erfahrungen einer befriedigenden
Lösung später entgegen geführt werden möge.
Die dem Reichstag jetzt vorgelegte Novelle zum Gerichts-
verfassungsgesetz und zur Strafprozessordnung ist weit davon ent-
fernt, eine Reform an Haupt und Gliedern zu bieten, wie sie