Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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Schottland und England. Organisirung eines staatlichen „An- 
klageprozesses“, wie er in Kürze in 88 178 und 179 der 
deutschen Grundrechte von 1848 gedacht, war an Stelle des 
einseitigen Untersuchungsprozesses von Richteramtswegen ohne 
antagonistische Parteimitwirkung, welche im Civilprozess und in 
dem früheren amtlichen Strafprozess, worin ein Amtskläger (Fis- 
kal) die Strafverfolgung als Partei zu betreiben hatte, stattfand, 
war die Losung. Das Untersuchungsverfahren sollte in der Hand 
der Gerichte zur Wahrheitsfeststellung von Richteramtswegen 
beibehalten, jedoch daneben eine Mitwirkung der die im Wesen 
des Gegenstandes liegenden (Angriff und Abwehr wegen Schuld 
oder Unschuld, Verurtheilung oder Lossprechung) gegensätzlichen 
Interessen vertretenden Personen mit Rechts- und Prozessbefug- 
nissen (Staatskläger event. Privatankläger und Angeschuldigter 
event. mit Vertheidiger) eingeführt werden. Der „Anklageprozess“ 
sollte demnach ein Rechtsverfahren über Öffentliche Rechte ähn- 
lich dem über Privatrechte der Form nach werden, dem Gegen- 
stande nach aber unter Beibehaltung der Unverzichtbarkeit und 
des Ausschlusses der freien Disposition über materielle und for- 
melle Rechte nach Privatwillkür. Dieser „kontradiktorische Unter- 
suchungsprozess® sollte nach dem Vorbilde des französischen 
Strafverfahrens auch in Deutschland eingeführt werden, aber unter 
Beibehaltung des Legalitätsprinzips, d.h. der gesetzlich in 
allen Strafrechtsfällen, von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen, 
gebotenen Strafverfolgung zur Aufrechterhaltung des Gesetzes 
als des Gesammtwillens der Gesellschaft und des Staates und 
der gleichen Gerechtigkeitsübung gegen alle Rechtsverletzungen, 
sowie unter Beibehaltung des Grundsatzes der richteramt- 
lichen Thatsachenfeststellung zur Erzielung materieller Wahrheit 
durch das Mittel und in der Form der Untersuchung (Offizial- 
maxime), aber dazu die aktuelle Vertretung der sich dabei 
ergebenden Sonderinteressen des öffentlichen Rechts auf Seiten 
des Staates für die Strafverfolgung durch den Staatskläger (Staats-
	        
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