Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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dass damit die Versöhnung von Staat und Gesellschaft erreicht 
sel. Zwei Momente stehen dem vor Allem entgegen. 
Die Selbstverwaltung fordert leistungsfähige Träger, sie kann 
nur auf die besitzenden Klassen gestützt werden. Damit sind die 
unteren Schichten der Bevölkerung ausserhalb der Selbstverwaltung 
gestellt. Gerade sie machen aber in der Gegenwart mit einer 
Entschiedenheit wie kaum je zuvor ihre sozialen Ansprüche gel- 
tend. Diesem sozialen Probleme stand GnEIsT fast ebenso rat- 
los gegenüber als einst die Männer der Steinschen Reformperiode 
dem der Wirtschafts- und Finanzreform, welche demnächst von 
HARDENBERG verwirklicht wurde. GNEIST war im Wesentlichen 
Bourgeoispolitiker, nicht im Sinne einer engherzigen Klassen- 
herrschaft, wie sie von der französischen Bourgeoisie gehandhabt 
wurde, sondern im Sinne der sich ihrer sozialen Pflichten stets 
bewussten deutschen und englischen Mittelklassen. Er hatte stets 
ein warmes Herz für das Wohl’der arbeitenden Klassen und be- 
thätigte dies bei jeder Gelegenheit. Aber die Gesellschaft, die 
durch die Selbstverwaltung in den Dienst des Staates gestellt 
werden soll, hört eben mit den besitzenden Klassen naturgemäss. 
auf. Und wenn er empfiehlt, die kleinen Leute wenigstens in 
untergeordneten Gemeindeämtern zu beschäftigen, so bietet dies 
selbstverständlich keine Lösung des sozialen Problems. Eine 
weitere Ausdehnung der Selbstverwaltung könnte nur Gelegenheit 
geben, noch mehr als es heute schon der Fall ist, sozialistischen 
Agitatoren eine autoritäre Stellung zu verleihen. 
Die Selbstverwaltung leistet aber überhaupt nicht das, was 
von ihr gefordert wird. Dass sie technisch schlechter arbeitet, 
als das berufsmässige Beamtentum, und deshalb stets Gefahr 
läuft, in die Hände der Schreiber zu geraten, ist ja selbstver- 
ständlich. Aber auch ihren erzieherischen Wert darf man nicht 
überschätzen. Die Selbstverwaltung kann auf die Ermässigung ein- 
seitig sozialer Ansprüche hinwirken, aber die volle Hingabe der 
Gesellschaft an den Staat widerspricht ihrem innersten Lebens-
	        
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