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mantel eines strammen, einheitlichen Strafverfahrens mehr von
prozessualer als von staatsrechtlicher Seite selbst im Publikum
Beifall fand, von den Regierungen in dem Streben nach einer
bureaukratisch-absolutistischen Stärkung der Staatsgewalt bei dem
Erwachen einer freieren Richtung des sich erhebenden Konsti-
tutionalismus politisch zu verwerthen war — mit gewisser Vor-
sicht! So finden wir schon vor 1848 vereinzelte Versuche ausser-
halb der Rheinlande mit beschräukter Einführung der Staats-
anwaltschaft, wie in Baden bei den Hofgerichten (Gesetze vom
28. Dez. 1831 betr. die Pressvergehen, vom 18. Febr. 1836 und
3. Aug. 1837), in der württembergischen Strafprozessordnung
von 1843 Artt. 262ff. für die Schlussverhandlung in schweren
Straffällen, in dem preussischen (sesetz vom 17. Juli 1846.
In diesem letzterem ist schon die Grundlage für die spätere
Stellung der Staatsanwaltschaft gewonnen gewesen; denn nach $ 3
gehören die Staatsanwälte nicht zu den richterlichen Beamten und
sind in ihrer Amtsführung nicht den Gerichten, sondern dem
Justizminister unterworfen, dessen Anweisungen sie Folge
zu leisten hatten. Nach 8 4 das. hatte die Polizei ihre bis-
herigen Nachforschungen nach Verbrechen behalten, aber ihre Er-
mittelungen der Staatsanwaltschaft zur weiteren Veranlassung zu
übersenden und deren Requisitionen Folge zu leisten. Nach 85
das. sollten die Gerichte nur noch auf Antrag der Staatsanwalt-
schaft einschreiten; aber im 8 6 wurde dem Staatsanwalt zur
Pflicht gemacht, darüber zu wachen, dass bei dem Strafverfahren
den gesetzlichen Vorschriften überall genügt werde. „Er hat da-
her nicht blos darauf zu achten, dass kein Schuldiger der Strafe
entgehe, sondern auch .darauf, dass Niemand schuldlos verfolgt
werde.“ Hiermit war das Legalitätsprinzip kodifizirt, indem
die Beurtheilung, ob ein Fall der Schuld oder Unschuld vorliege,
dem pflichtmässigen Ermessen der Staatsanwälte überlassen war,
welches nur von der Autorität der einschlagenden Gesetzes-
vorschrift, nicht von anderen Interessen oder höheren Weisungen