Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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geleitet werden durfte. Man fragt daher, wie es kommen konnte, 
dass in das spätere Strafverfahren nach 1849 das sog. Opportuni- 
tätsprinzip Eingang finden konnte? Nach 88 7 und 8 das. sollte 
der Staatsanwalt Untersuchungshandlungen, Verhaftungen oder Be- 
schlagnahmen nicht selbst vornehmen, sondern bei den Gerichten 
oder Polizeibehörden beantragen, aber allen Verhandlungen bei- 
wohnen, Akteneinsicht und das Antragsrecht zur Vervollständigung 
u. s. w. haben dürfen. Nur der Staatsanwalt konnte die öffent- 
liche Klage erheben (sog. Anklagemonopol), bei Antragsdelikten 
nur in Folge eines Antrags des Verletzten, bei Amtsvergehen nur 
auf Antrag der Dienstbehörde, konnte jedoch bis zur förmlichen, 
durch Gerichtsbeschluss erfolgten Eröffnung der Untersuchung 
seinen Antrag zurücknehmen, andererseits gegen einen jene Er- 
öffnung ablehnenden Gerichtsbeschluss innerhalb zehntägiger Aus- 
schlussfrist Beschwerde an das Obergericht einwenden, bei dessen 
Entscheidung es zu verbleiben hatte. In Betreff der Rechts- 
anwendung waren die Gerichte nicht an Anträge des Staatsanwalts 
gebunden. Dass hiernach die Staatsanwälte Preussens unter dem 
Schutze des angeführten 8 6 des Gesetzes vom 17. Juli 1846 
gegenüber etwaigen, mit dieser Grundbestimmung in Widerspruch 
tretenden ministeriellen „Anweisungen“ diesen selbständiger gegen- 
über treten konnten, als später, wo das Opportunitätsprinzip das 
Legalitätsprinzip verdrängt hatte, lag auf der Hand. War ur- 
sprünglich die Staatsanwaltschaft mehr als eine Justizbehörde 
neben den Strafgerichten zum Betrieb der Strafverfolgung bis zur 
Strafvollstreckung gedacht, so vermochte es doch die Praxis ge- 
rade in der Konfliktszeit unter verschiedenen Ministerien (v. LIPPE, 
v. HınckELDEy), durch Normativreskripte und Instruktionen, die 
gerade in Preussen mehr als in anderen deutschen Staaten von 
der Regierung ergingen, eine schablonenmässige Leitung auch 
der Justizbehörden von oben herab einzuführen, und daher kam 
es, dass die Anfangs prozessrechtliche Stellung der Staats- 
anwaltschaft hinter die staatsverwaltungsrechtliche (politische) 
Archiv für öffentliches Recht. XI. 2. 14
	        
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