Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

— 210 — 
zurücktrat, dass aus dem Organ der Strafrechtspflege, welches ge- 
schaffen war, um den Gerichten die aktuelle Strafverfolgung ab- 
zunehmen und dem Beschuldigten als einem Prozesssubjekt mit 
oder ohne Rechtsbeistand einen Amtskläger gegenüber zu stellen, 
ein Organ der obersten Justizverwaltung geschaffen wurde, um 
gerade nach den Auffassungen dieser auf die Strafrechtspflege ein- 
wirken zu können. Insoweit trifft vollständig das zu, was JOHN 
im Kommentar zur Strafprozessordnung II, S. 201 und 161ff. 
über die Einführung der Staatsanwaltschaft nach 1848 im All- 
gemeinen bemerkt, dass sie, wenn man anders die Wahrheit er- 
kennen und der anerkannten die Ehre geben wolle, nicht zu dem 
Zwecke erfolgt sei, um ein Anklageorgan zu schaffen und die 
Gerichte von Anklagefunktionen zu befreien, wie auch die Motive 
zu verschiedenen (Gesetzen behauptet hätten (!), sondern dass eine 
solche Begründung des „Anklageprozesses“ nichts weiter als eine 
den thatsächlichen Verhältnissen widersprechende Phrase, welche 
man nahezu 50 Jahre hindurch ernsthaft genommen habe, ge- 
wesen sei; in Wirklichkeit bedeute die Reform, welche durch 
Einführung der Staatsanwaltschaft herbeigeführt worden, nicht, 
dass nun jede Strafsache nach dem Vorbilde der für Privatklagen 
bestehenden Verfahren durchgeführt werden solle, es bedeute die 
Einführung dieses dem deutschen Recht bislang unbekannten In- 
stituts überhaupt gar nichts Prozessualisches, sondern die 
Bedeutung dieser — allerdings sehr weittragenden — Reform sei 
ganz und gar eine staatsrechtliche gewesen, nämlich: „Die 
Zwecke der Strafrechtspflege sind durch die Gerichte allein nicht 
zu erreichen; vielmehr bedingt die öffentlich-rechtliche Natur des 
Sirafverfahrens, dass bei letzterem auch die Justizverwaltung die 
ihr gebührende Stellung erhalte“. Inwiefern der Justizverwaltung 
diese Stellung gebühre, das ist aber die grosse Streitfrage gegen- 
über dem staatsrechtlichen und in den meisten Verfassungen zum 
Ausdruck gebrachten Grundsatz von der Unabhängigkeit und Un- 
parteilichkeit der Rechtspflege, welcher alle Kabinets- bezw. Mini-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.