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ist, als müsse hier überall die Staatsanwaltschaft der „Berather“
der Gerichte sein. Die Rechtskontrolle gipfelt jedoch in $ 338
Abs. 2 der Str.-Pr.-O., wonach die Staatsanwaltschaft unbegrenzt
auch zu Gunsten eines Beschuldigten ein Rechtsmittel einwenden
darf und soll, was in seiner äussersten Konsequenz dahin fübrt,
dass, wenn ein Staatsanwaltschaft auf Anweisung des Oberstaats-
anwalts oder des dahinter stehenden Justizchefs gegen seine
eigene Ansicht Berufung gegen ein freisprechendes Schöffengerichts-
urtheil einwendet und damit keinen Erfolg erreicht, nach & 505
die Erstattung der dem Beschuldigten erwachsenen nothwendigen
Auslagen der Staatskasse, wie auch nach 8 499 das. der einem
ausser Verfolgung gesetzten Angeschuldigten erwachsenen, auf-
erlegt werden kann, worüber das Gericht zu befinden hat.
Der Grundfehler in dieser den norddeutschen Gesetzgebungen
und Praktiken entsprungenen Auffassung von dem Beruf und der
Stellung der Staatsanwaltschaftlagin bureaukratisch-absolutistischen
(selüsten gegenüber der konstitutionellen Idee, wonach die Regie-
rung und das Beamtenthum nicht allein den Staatsbegriff erfülle,
sondern darin auch die bürgerliche Gesellschaft ihre Rechtsver-
tretung zu finden habe, die an Erhaltung ihrer Ordnung ein nicht
minder grosses Interesse hat, als an der sie zum grossen Theil
mitumfassenden Staats- und Rechtsordnung; die vom Staat um-
fasste Gesellschaft hat im Staatsanwalt nicht den Vertreter der
Staatsregierung und der Justizverwaltung, sondern des Staates
als einer ideellen Persönlichkeit im modernen Sinne des Kon-
stitutionalismus zu erkennen, als Vertreter aller Rechtsordnung
und der sınbedingten (Geltung der Strafgesetze und ihres Voll-
zugs. Diese ist aber nur zu erreichen durch eine Stellung der
Staatsanwaltschaft nur unter das Gesetz als den Gesammtwillen
der es- hervorbringenden Faktoren im konstitutionellen Staate,
Staatsregierung und Volksvertretung, sodass nicht eine einseitige
Anordnung der ersteren mittels der „Leitung“ die Unterlassung
einer Strafverfolgung oder die Forcirung einer solchen dem Staats-
Archiv für Öffentliches Recht. XI. 2. 15