Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

— 283 — 
daneben ausser in Strafsachen Richterfunktionen führen durften; 
so sagte z. B. die kgl. sächs. St.-Pr.-O. Art. 23: „Was die Ge- 
setze rücksichtlich der Anstellung und Entlassung von solchen 
Staatsdienern bestimmen, welche juristische Befähigung erfordernde 
Richterstellen bekleiden, hat auch auf sie (die Staatsanwälte) 
Anwendung“. In grellem Widerspruch hierzu stand die Auffas- 
sung von der Dienststellung der Staatsanwälte in Hannover und 
Oldenburg, wo jeder Unfügsamkeit gegenüber der Justizverwaltung 
die Spitze dadurch abgebrochen war, dass das den Staatsanwälten 
übertragene Amt als auf einem in jedem Augenblick widerruf- 
lichen öffentlichen Auftrag beruhend galt — ganz gleich wie der 
an einen Rechtsanwalt von einem Privaten ertheilte Auftrag! 
Die deutsche Reichsgesetzgebung hat es vorgezogen, 
bei der Organisation der Staatsanwaltschaft diese nach dem Muster 
der französischen, in den grösseren norddeutschen Staaten rezi- 
pirten zu gestalten, wiewohl erhebliche Bedenken in zahlreichen 
Schriften (hervorragend FR. v. HOLTZENDORFF in München in 
seinen Reformschriften) und in Aufsätzen, in Zeitschriften davor 
gewarnt hatten. R. v. GnEIsT in den „Vier Fragen“ 8. 52 hob 
in der Abhandlung: „Staatsanwaltschaft und Privatklage“ hervor, 
wie in dem Streite über die Gesammtordnung des deutschen 
Strafverfahrens der Ideenkreis der Fachkriminalisten und der 
der Politiker im engen Raume zu einem so heftigen Zusammen- 
stoss kommen würden, dass beide Seiten zu dem Bewusstsein 
kommen dürften, wie sie lange Zeit eine und dieselbe Sache als 
zwei Sachen angesehen hätten, welche jeder nach seiner Weise, 
nur nicht von der staatsrechtlichen Seite angesehen habe, 
und die unfertige Vorstellung, als ob die staatsrechtlichen Grund- 
sätze des Verfahrens zur Theorie oder zur Politik gehörten, 
werde damit plötzlich ein Ende haben. Dabei hegte GxeEisT zur 
deutschen Reichsregierung das Vertrauen, dass sie den alten 
Traditionen der monarchischen Rechtsordnung ihrer eigenen Würde 
und dem Gesammtinteresse der Bundesregierungen entsprechen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.