Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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in der Allgemeinheit dieser Behauptung ein Widerspruch. Es 
kann sich nur um den verfassungsmässig im Abolitions- und 
Begnadigungsrecht nachgelassenen Verzicht des Inhabers der 
Strafgewalt handeln; ausserhalb dieses giebt es keinen für Staats- 
beamte zulässigen Verzicht auf Strafgesetzvollzug, den nicht ein 
Gesetz nachgelassen hat. 
Im deutschen Strafprozess hatte sich die Auffassung in cap. 
un. X. III. 12 ut eccles. benefic. sine dimin. confer.: Et ideo 
nos, qui non tam ex plenitudine potestatis quam ex officii de- 
bito possumus et debemus de subditorum excessibus ad correc- 
tionem inquirere veritatem-inquisitionem commisimus faciendam, 
als absolutes Pflichtgebot der Untersuchungs- oder Offzial- 
maxime bis auf den heutigen Tag erhalten im engsten Anschluss 
an das absolute Strafrechtsprinzip, d. ı. der nothwendigen Straf- 
gesetzvollziehung in jedem Falle auf dem gesetzlich vorgeschrie- 
benen Wege. Bei jener modernen Zurückdrängung der Staats- 
pflicht zur Strafgesetzvollziehung hinter das Strafrecht der 
Staatsgewalt blieb unberücksichtigt, dass die Strafgesetze als un- 
verzichtbare, obligatorische Ver- und Gebote erlassen worden 
sind und zwar als solche, welche bei ihrer Verabschiedung zwischen 
den Staatsregierungen und Gesellschaftsvertretern dem „Staate“ 
bezw. der Staatsgewalt und den diese vertretenden Organen nicht 
zur willkürlichen Verfügung, sondern als Staatspflicht zur Geltend- 
machung durch die Sanktionirung, als Befehle an den Staat bezw. 
seine Organe selbst ergangen sind. 
Diesen Organen gegenüber besteht die Gesellschaft, mit ihrer 
Repräsentation in der sog. öffentlichen Meinung, auf Pflichterfüllung 
— auf Grund der Verfassung und der Strafgesetzgebung. 
Die Strafgesetzvollziehung als staatsrechtliche Pflicht 
wird erfüllt durch Einsetzung der Strafbehörden und Ordnung 
eines gesetzlichen Verfahrens durch diese und von ihnen; hieraus 
erst entspringen die den zusammenwirkenden Subjekten zustehenden 
Rechte und ihnen obliegenden Pflichten, deren Inbegriff zu einem
	        
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