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der Str.-Pr.-O. als Ziel und Aufgabe der unmittelbar dem Justiz-
ministerium untergeordneten Staatsanwaltschaft festgesetzt und in
8 2 Abs. 4 dem Kaiser ein unbeschränktes Recht der Nieder-
schlagung eines Strafverfahrens eingeräumt wurde: „Die öffent-
liche Klage erlischt, sobald der Kaiser anordnet, dass wegen einer
strafbaren Handlung ein strafgerichtliches Verfahren nicht ein-
geleitet oder das eingeleitete wieder eingestellt werden soll“. Ob-
schon es nicht unzweifelhaft erscheint, dass im Grunde das Legali-
tätsprinzip der österreichischen Strafprozessordnung habe zu Grunde
gelegt werden sollen, meint die Praxis der Staatsanwaltschaft dort
doch, es sei dem freien Ermessen überlassen, wieweit das „öffent-
liche Interesse“ die Strafgesetzvollziehung durch Erhebung der
öffentlichen Klage erheische, und das subjektive Strafrecht ist
damit über die objektiv gebotene Strafpflicht gestellt worden.
Man findet besonders in GLASERS Arbeiten, wovon das Handbuch
des Strafprozesses in zwei Bänden die hervorragendste ist, jenes
subjektive Strafrecht im „Strafanspruch“ des Staates oder in der
„Strafklage* als etwas relativ wenigstens Verfügbares in den
Vordergrund gestellt, wie dies im österreichischen Strafprozess in
dem Fallenlassen der Strafverfolgung und in dem Versetzen des
Angeschuldigten in den Anklagestand durch die Staatsanwaltschaft
zum Ausdruck gebracht worden ist. Darin weicht jener Straf-
prozess von dem deutschen gerade ab, dass für die Erhebung der
öffentlichen Klage dort das Opportunitätsprinzip gilt, hier aber
das „Legalitätsprinzip® (nach den Motiven zur Strafprozessord-
nung), welches freilich in Gemässheit der kodifizirten „Leitung“
der Staatsanwaltschaft vom Justizchef durch allgemein gehaltene
Weisungen für einzelne Delikte und einzelne Weisungen für ein
zelne Straffälle ausgeschlossen werden kann; ferner liegt ein Unter-
schied darin, dass dort bis zur Hauptverhandlung die öffentliche
Klage von der Staatsanwaltschaft zurückgezogen werden darf, also
die Gerichtshängigkeit mit absoluter Wirkung des Ausschlusses
aller Verfügung über den weiteren Klageverlauf erst von der Haupt-