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verhandlung an eintritt, während nach $ 154 der deutsch. Str.-
Pr.-O. die öffentliche Klage nach Eröffnung der Untersuchung
(wohin schon die der gerichtlichen Voruntersuchung fällt), nicht
zurückgenommen werden darf; endlich liegt dort die Strafvoll-
streckung in der Hand der Gerichte, hier in den nicht zur Zu-
ständigkeit der Schöffen und Amtsgerichte gehörenden Straffällen
in der der Staatsanwaltschaft.
Bei dieser Vergleichung mag das norwegische Gesetz über
das gerichtliche Strafverfahren (Jurygesetz) vom 1. Juli 1887 nicht
unerwähnt bleiben; in $ 88 das. sind der Staatsanwaltschaft be-
stimmte Grenzen der Unterlassung der Anklageerhebung und der
Einstellung des Verfahrens gezogen. Anklageerhebung gegen Be-
amte kann nur vom König verfügt werden. Die Staatsadvokaten
müssen wegen Unterlassung oder Einstellung einer Anklage die
Genehmigung des Reichsadvokaten einholen, dieser aber in den
seiner Schlussfassung unterworfenen schwersten Fällen die Ge-
nehmigung des Königs, der sein Abolitionsrecht hier geltend
machen kann.
Es 'mag hierbei besonders darauf hingewiesen werden, in wel-
cher nahen Beziehung jene Befugniss der „Leitung“ der Staats-
anwaltschaft durch die oberste Justizverwaltung, sofern sie die
Unterlassung oder das Aufgeben einer Strafverfolgung anordnet,
an die Ausübung des Abolitionsrechts anstreift und wie ein
solches, wo dessen verfassungsmässiges Bestehen zweifelhaft oder
an besondere Voraussetzungen gebunden ist, mit Hilfe jener von
Reichswegen kodifizirten „Leitung“ auf Veranlassung des Trägers
der Staatsgewalt, ohne Weiteres ausgeübt werden kann, ohne alle
Kontrasignatur eines desfallsigen Erlasses seitens des Justiz-
ministers, da ja dieser auf blos ausgesprochenen höchsten Wunsch
aus gesetzmässig sanktionirter Befugniss seine Leitungsanweisung
auf Nichtverfolgung wie auf Verfolgung eines bestimmten Gesell-
schaftsmitglieds ertheilen darf.
Die Motive zum & 119 des Entwurfes des G.-V.-G. (später