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v. MırtnacHt als Bundesrathsbevollmächtigten bei Eröffnung der
ersten Berathung des Entwurfs der Strafprozessordnung im Plenum
des Reichstags, um die Bedenken gegen die vorzugsweise, fast
ausschliessliche Initiative der Strafverfolgung, die aus der Unter-
ordnung der Staatsanwaltschaft unter die Justizverwaltung ge-
schöpft wurden, „als einigermassen gemindert“ darzustellen, dahin
gethan hat: dass neben die Offizialmaxime, welche den Straf-
prozess beherrsche, wiewohl dies im Gesetz nicht zum besonderen
Ausdruck gekommen sei, für die Berufsthätigkeit der Staats-
anwaltschaft das sog. Legalitätsprinzip gestellt worden sei, welches
nur da ausgeschlossen werde, wo das Gesetz (doch wohl nur die
Strafprozessordnung?) etwas anderes vorschreibe, dessen Nicht-
befolgung eine greifbare Pflichtwidrigkeit der Staats-
anwaltschaft wie der ihr vorgesetzten Behörde be-
gründe.
Die erwähnte österreichische Strafprozessordnung hat zur
Ausfüllung der durch eine Unterlassung der Strafverfolgung Seitens
eines Staatsanwalts im gegebenen Falle entstehenden Lücke der
Strafgesetzvollziehung die subsidiäre Privatklage zugelassen,
von der jedoch die deutsche Reichsgesetzgebung Abstand ge-
nommen hat. Rückhaltlos haben aber die Motive zu dieser
Prozessordnung die Möglichkeit in’s Auge gefasst, dass die Re-
gierung durch den Justizminister, welchem die gesammte Staats-
anwaltschaft so strenge untergeordnet sei, die Stellung der letzteren
missbrauchen könnte, um einen ungebührlichen Einfluss auf die
Strafrechtspflege auszuüben, um, statt ihrer staatsrechtlichen
Verpflichtung gemäss, für eine gerechte, unparteiische, zweck-
entsprechende Strafrechtspflege zu sorgen, aus unlauteren Beweg-
gründen gewisse Personen oder gewisse Vergehen der Anwendung
des Strafgesetzes zu entziehen; es möchte dahin gestellt bleiben,
ob eine Regierung, die einmal so tief gesunken sei, nicht unter
Umständen minder verfängliche Mittel fände, wohl aber müsse
darauf aufmerksam gemacht werden, dass eine Garantie gegen