Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

— 233 — 
solche Missbräuche, soweit dadurch das öffentliche Interesse allein 
berührt werde, niemals in kriminalprozessualischen, immer nur in 
staatsrechtlichen Einrichtungen gefunden werden könne. Wenn 
nun dieselben Motive bemerkten, dass es im öffentlichen Interesse 
liege, alle Verbrechen zu bestrafen und die durch Verbrechens- 
verübung bewirkte Störung des öffentlichen Friedens und Rechts- 
zustandes wiederherzustellen, woraus sich das Recht wie die 
Pflicht des Staates zur Strafverfolgung ergebe, so scheint doch 
damit mehr das Legalitätsprinzip als das Opportunitätsprinzip 
anerkannt zu sein, welches letztere andere Ausleger aus & 30 der 
österr. Str.-Pr.-O. entnehmen, der also lautet: „Die Mitglieder 
der Staatsanwaltschaft haben in dem ihnen angewiesenen Wir- 
kungskreise das Interesse des Staates zu wahren“. Dies kann 
aber doch kein über dem vorbegrenzten Rechtsinteresse stehendes 
höhere, politisches oder opportunes Interesse der Regierung auch 
etwa an der Nichtverfolgung eines der Regierung unbequemen 
Falles sein, etwa zur Vermeidung eines Öffentlichen Skandals?! 
Von anderer Seite wird das behauptet und hier treten sich Lega- 
listen und Opportunisten gegenüber. Indessen ist aus dem Hand- 
buch des Strafprozesses von GLASER (weiland Professor, Justiz- 
minister und bis zu seinem vor mehreren Jahren frühzeitig 
eingetretenen Tode Generalprokurator am obersten Gerichtshofe 
zu Wien), aus dessen Feder der Entwurf der österreichischen 
Strafprozessordnung herrührt, a. a. O. I, S. 222, Anm. 10 hervor- 
zuheben, dass dort das Opportunitätsprinzip „nicht proklamirt“ 
sei, indem auch von der Regierung im Herrenhause, Sitzung vom 
19. Febr. 1873, mit den Worten darauf hingewiesen sei, „von 
einem freien Ermessen des einzelnen Staatsanwalts, vermöge 
dessen er aus Opportunitätsgründen eine Verfolgung zu unter- 
lassen vermöchte, könne nicht gesprochen werden“. Freilich war 
damit nicht ausgeschlossen, dass der einzelne Staatsanwalt von 
seinem Vorgesetzten aus Rücksichten das „Interesse des Staates“ 
oder der Opportunität, des wirklichen oder auch scheinbaren
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.