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aber andere wenn auch allgemeinere, oder gar persönliche Rück-
sichtnahmen. Die Strafverfolgungspflicht der Staatsanwaltschaft
ist also geboten, „soweit gesetzlich nicht ein Anderes bestimmt
ist“. In äusserster Beschränkung des Ausdruckes „gesetzlich“
verstand man darunter die Ausschliessung der Erfüllung dieser
Pflicht bei den sog. Antragsdelikten, wo sie nach den betreffen-
den Strafgesetzen erst aktuell werden darf und soll, sobald der
Antragsberechtigte einen formell zulässigen und richtig gestellten
Antrag auf Strafverfolgung gestellt hat, was ja überhaupt hier
gesetzliche Voraussetzung der Möglichkeit der Strafbarkeit und
Verfolgbarkeit ist ebenso wie bei den sog. Ermächtigungsdelikten
und früher bei den Amtsverbrechen. Dahin gehört aber auch
die in den Strafgesetzen aufgestellte Verjährung, Verbrauch der
Strafklage und Zurücknahme des Strafantrages als gesetzliche
Hindernisse der Strafverfolgung. Ausserdem ist nur die Straf-
prozessordnung dasjenige Gesetz, welches etwas Anderes be-
stimmen konnte, einschliesslich der fakultativen Strafverfolgung
in 8 4 des Str.-G.-B.’, wo die Ausnahmen von dem allgemeinen
Strafverfolgungsgebot für die Staatsanwaltschaft in das blosse Er-
messen gestellt werden konnte, welches indessen immerhin noch
von der erwähnten Pflicht geleitet werden muss. Nach & 416 der
Str.-Pr.-O. steht die Erhebung der öffentlichen Klage in dem Er-
messen des betreffenden Staatsanwalts in den Fällen, in welchen
nur auf eine Privatklage hin (wegen Beleidigung und auf Antrag
zu verfolgender Körperverletzungen) ein Strafverfahren einzuleiten
ist, wenn dies im „öffentlichen Interesse“ liegt, das sonst nirgends
Voraussetzung ist; ferner nach 88 459ff. das. bei Zuwiderhand-
lungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Ab-
gaben und (refälle.
® Der neue Entwurf eines österreichischen Strafgesetzbuchs lässt
die Strafverfolgung aller im Auslande von Oesterreichern begangenen, von
ihm unter Strafe gestellten Verbrechen bei Unzulässigkeit oder Unausführbar-
keit der Auslieferung vom Ermessen des Justizministers abhängen.
Archiv für Öffentliches Recht. X1. 2. 16