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Fällen der vorläufigen Einstellung der Staatsanwaltschaft jede
Verantwortung, die ihr sonst wegen Beachtung des Legalitäts-
prinzips nach ihrer Amtspflicht obliegen würde, abgenommen und
auf das (Gericht übertragen.
Schwierig kann für einen Staatsanwalt nach 88 152 und 168 der
Str.-Pr.-O. werden, wenn wegen einer Anzahl gleichartiger Ver-
brechen eine Verurtheilung nach 8S 73 oder 74 des Str.-G.-B.
erfolgt ist (wegen einer Deliktseinheit oder einer Mehrheit selbst-
ständiger Strafthaten) und dann später noch einzelne von dem
Verurtheilten vorher verübter Delikte zu seiner Kenntniss kommen.
Ist eine Verbrechensgesamntheit oder Einheit, die sich aus Ein-
zelthaten zusammensetzt, bei der Verurtheilung angenommen ge-
wesen und erscheinen die nachentdeckten und nachgebrachten
Fälle nur als in jene Einheit mit hineinfallende Einzelakte, so
sollen sie nach Entscheidungen des Reichsgerichts so angesehen
werden, als wären sie vom Grericht, wenn sie ihm bei der Abur-
theilung mit vorgelegen hätten, mit berücksichtigt gewesen, welche
Fiktion deshalb bedenklich ist, weil gerade unter den nachent-
deckten Fällen im Vergleich zu den abgeurtheilten, einer ent-
halten sein kann, der eine schwerere Strafe nach sich ziehen könnte
als erkannt worden ist. Immerhin ist aber durch diese Entschei-
dung die Staatsanwaltschaft gedeckt, wenn sie solche nachgebrachte
Fälle nicht weiter verfolgt. Anders aber verhält es sich, wenn
eine Verurtheilung: wegen einer Mehrkeit selbständiger Einzelver-
brechen desselben Thäters aus 8 74 a. a. O. erfolgte; dann muss
die Staatsanwaltschaft zur Wahrung des Legalitätsprinzips von
Amtswegen nachentdeckte Strafthaten desselben Thäters verfolgen
und unter Klage stellen, wobei unter den in & 79 der Str.-Pr.-O. ob-
waltenden Umständen ein Zusatz- bezw. Gesammtstrafe zu er-
kennen ist.
Eine weitere Grenze für die staatsanwaltliche, offizielle Straf-
verfolgung nach dem Legalitätsprinzip, um es im Verhältniss zur
praktischen Durchführbarkeit zu bringen und vor extremen Kon-
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