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ist. Das Gericht beschliesst, eine Zeugin in E durch Ersuchen
des dortigen Amtsgerichts über die Identität der beiden Becher,
zu vernehmen. Der Zeugin soll aufgegeben werden, in dem eine
halbe Tagereise von E entfernten, gleichfalls zu dem Amts-
gerichtsbezirke E gehörigen D den Becher zu besichtigen.
Um zu erkennen, ob hier ein Akt der Rechtshülfe verlangt
wird, sehen wir von dem offenbar zufälligen Umstande ab, dass
E und D nicht zum Bezirke des Landgerichts A gehören, und
das Landgericht deshalb die Zeugin nicht vor sich selbst geladen
hat!®, Nehmen wir an, dies sei geschehen und fragen nun: Ist
das Landgericht dann zu der gedachten Auflage befugt? Die
Antwort muss m. E. verneinend ausfallen. Die Civilprozess-
ordnung (gemäss 8 65 der K.-O. auch für das Konkursverfahren
massgebend) und die Strafprozessordnung kennen nur drei dem
Zeugen obliegende (übrigens von Ausnahmen durchbrochene)
Pflichten:
1. vor Gericht zu erscheinen,
2. auszusagen,
3. seine Aussage zu beeidigen.
Eine Pflicht, Wissenschaft über die Dinge, bezüglich deren
man gehört werden soll, sich zu verschaffen, hat die Reichsgesetz-
gebung mit gutem Grunde nicht als Bestandtheil der Zeugen-
pflicht anerkannt, auch fehlt es an jedem Anhalte dafür, dass dem
Gerichte eine diskretionäre Befugniss zustehen soll, seinerseits
eine solche Pflicht aufzuerlegen. Wäre es doch auch geradezu
auffällig, dass das Gericht zur Erzwingung der drei erwähnten Seiten
der. Zeugenpflicht bedeutende Machtmittel in Händen hat, der
Weigerung des Zeugen aber, seiner vierten Verpflichtung zu ge-
nügen, machtlos gegenüber stände. Und nicht minder sonderbar
wäre es, dass das Gesetz dem bedürftigen Zeugen, um ihm die
durch entfernten Aufenthaltsort mit Kosten beschwerte Erfüllung
13 Wozu es ja bekanntlich trotzdem befugt war.
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