Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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Literatur. 
Lehrbuch des deutsch-evangelischen Kirchenrechts von Karl 
Köhler, Doktor der Theologie und Philosophie, Superintendent und 
Oberkonsistorialrath a. D. Berlin, Reuther & Reichard, 1875. VIII 
und 310 S. 
Das Buch gehört zu der von Herına herausgegebenen Sammlung von 
Lehrbüchern der praktischen Theologie. Es ist von einem Theologen ge- 
schrieben, will für Theologen geschrieben sein und betont diesen seinen 
Standpunkt auf's Kräftigstee Das Kirchenrecht darf nicht die Domäne der 
Juristen bleiben. Es giebt ein Kirchenrecht der Theologen und ein Kirchen- 
recht der Juristen, die sich einander ergänzen. So lautet das Programm. 
Demgemäss nimmt bei der Darstellung der einzelnen Rechtserscheinungen 
überall die Auseinandersetzung der evangelisch-theologischen Grundanschau- 
ungen einen verhältnissmässig breiten Raum ein und dient namentlich dazu, 
den Gegensatz zum katholischen Kirchenrechte zu erläutern. 
Die Berücksichtigung dieses Zusammenhanges ist sicher von erster 
Wichtigkeit. Der Verf. geht auch überall von so massvollen verständigen 
Ansichten aus, dass es erfreulich ist, ihm zu folgen. Aber weshalb sollte 
das einen grundsätzlichen Gegensatz zur rechtswissenschaftlichen Behandlung 
bedeuten? Der alte Advokat behauptet etwas weitgehend: juris prudentia 
est divineram et humanarum verum notitia. So viel ist aber doch sicher, 
dass sie auch ihrerseits die erforderliche Kenntniss der angrenzenden Gebiete 
von ihren Jüngern verlangt. Wenn jetzt so gern den Juristen der Vorwurf 
gemacht wird, dass sie das Kirchenrecht allzusehr auf ihre Art behandelten 
und einen strengen Formalismus in Dinge brächten, für die er nicht passt, 
so ist das der Vorwurf, dass sie schlechte Juristen seien. Denn für den 
richtigen Juristen ist die erste Aufgabe, dass er sich überall der Grenzen 
seines Kunstgebietes bewusst bleibe. Es liegt offenbar im Geiste des Pro- 
testantismus und macht seinen Gegensatz zum Katholizismus aus, dass er 
diese Grenzen möglichst weit ab verlegt von dem religiösen Kern. Aber 
sie aufzuweisen und zu sichern mit der klaren .Bestimmtheit ihrer Begriffe
	        
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