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hoffen, dass die interessante Darstellung StocquarT's dazu beitragen wird,
dass in Belgien die sozialpolitischen Reformen, welche so lange aufgeschoben
wurden, endlich in Fluss kommen, nur hierdurch wird der kleine Staat die
schwersten Erschütterungen von sich abwehren. Dr. Fuld.
Georg Frommhold, Professor der Rechte an der Universität Greifswald,
Deutsche Rechtsgeschichte. Ein Grundriss zu Vorlesungen. Mit
3 Karten. Berlin, Carl Heymann’s Verlag, 1894. 224 Seiten.
Die Arbeit FrommHoLp's will dem Grundrisse Kraur's für Vorlesungen
über Deutsches Privatrecht einen Grundriss zur Deutschen Rechtsgeschichte
an die Seite stellen. Wenn sich bei den Studirenden mangelndes Interesse
an rechtshistorischen Fragen zeige, so liege ein Hauptgrund hierfür in der
schweren Zugänglichkeit der Quellen. Wohl habe man sich in neuerer Zeit
bemüht, die deutschen Rechtsquellen dem Unterricht mehr und mehr zu er-
schliessen. Die bisherigen Quellensammlungen könnten jedoch ihrer Anlage
nach nicht für das gesammte Gebiet verwerthet werden. Ueberdies fehle es
noch an einer kurzgefassten Anleitung und Anregung zum wissenschaftlichen
Gebrauch der Quellen. So habe der Gedanke nahe gelegen, einen Grundriss
auszuarbeiten, „in dessen System zahlreich eingefügte Belegstellen die Haupt-
punkte zu veranschaulichen, die Grundzüge zu vervollständigen, mit den
Quellen selbst bekannt zu machen und zu ihnen hinzuleiten geeignet sein
möchten.“ Wie der Verf. selbst bemerkt, ist der gleiche Plan bereits früher
von GENGLER und SCHULER-LIBLOY verfolgt worden. Bedauerlicher Weise ist
jedoch GENGLER’s „Deutsche Rechtsgeschichte im Grundrisse“ (Erlangen 1850)
unvollendet geblieben, während SchuLer-LisLoyY's Grundriss an keiner der
deutschen Hochschulen Aufnahme gefunden hat.
Es ist von anderer Seite die Auffassung vertreten worden, ein solcher
Grundriss sei für die deutsche Rechtsgeschichte verfehlt. Verständniss für
das juristische Denken der Vergangenheit könne nur in einem wirklichen
Quellenstudium gewonnen werden. Die Lektüre von Quellenausschnitten, wie
sie der vorliegende bezw. jeder Grundriss böte, könne solche Befähigung
nicht vermitteln, verringere vielmehr nur die Zeit für die wirkliche Bekannt-
schaft mit den Quellen. Dass man die Methode von Grundrissen für das
deutsche Privat- und für das Handelsrecht verwerthet habe, rechtfertige noch
richt ihre Uebertragung auf die Rechtsgeschichte. Referent steht auf einem
anderen Standpunkte. In keiner Rechtsdisziplin ist ein Grundriss der einzige
und vollkommenste Weg, um den Studirenden die Kenntniss einschlagender
Quellenstellen zu vermitteln. Ein Grundriss ist immer nur ein Hülfsmittel,
aber er ist ein Hülfsmittel, welches je nach der Individualität des Schülers
und nach der zweckentsprechenden Verwendung durch den Dozenten Erfolge
verspricht. Handelt es sich doch nicht allein um methodische Schulung; sie
muss der Dozent in selbständigen seminaristischen Uebungen, oder — so-