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zwischen Bund und Preussen nicht getroffen. Und doch gewann
dieser Zusatz für die Gestaltung der Organisation der dem Prä-
sidium zukommenden Exekutive eine Bedeutung, welche der dar-
gelegten ursprünglichen Auffassung über die Verteilung der Regie-
rungsrechte widersprach. Er ward der Ausgangspunkt für die
Entwickelung des preussischen Präsidialgesandten, des Kanzlers
und Vorsitzenden des Bundesrates, zum „Reichsminister“; für die
Konstruktion einer von Preussen losgelösten Reichsregierung und
einer Personalunion des preussischen Königtums mit dem deutschen
Kaisertum’, von dieser Bestimmung aus — in Verbindung mit
der unrichtigen Ausdeutung des Kaisertitels — gehen auch die
Versuche, das Deutsche Reich als Einheitsstaat zu erklären.
Thatsächlich hat diese Aenderung zur Errichtung des Bundes-
kanzleramtes und Uebernahme der Verwaltung der auswärtigen
Angelegenheiten, der Post und Telegraphen, der Heeres- und
Marine-Verwaltung durch den Bundeskanzler geführt; die preussi-
schen Ressortminister traten ihre Befugnisse in diesen Verwal-
tungen an den Kanzler ab.
Infolge dieser Entwickelung hat auf die Anregung des Ab-
geordneten v. KLEIST-RETZOW, der Thatsache, dass die ganze
Reichsverwaltung durch preussische Ministerien direkt schliesslich
zu führen sei, auch gesetzlichen Ausdruck zu geben, speziell unter
Zustimmung der süddeutschen Regierungen, Fürst Bismarck am
8. März 1878 erwidert, dass allerdings in den ersten Jahren des
norddeutschen Bundes diese Verwaltung bis zu einem gewissen
Grade vorhanden gewesen sei, dass aber ein wesentlicher Fort-
schritt in der späteren Errichtung eigener Reichsinstitutionen mit
Reichsbeamten zu erblicken sei, und dass diese Loslösung der
Reichsverwaltung vom preussischen Ministerium auch der Stellung
der Bundesregierungen zum Reiche mehr entspreche, namentlich
insoweit die Beaufsichtigung durch das Reich in Frage komme.
” U. a. Häneı, Studien II S. 20 und Staatsrecht S. 337.